Druckartikel: Fit mit Kräutern

Fit mit Kräutern


Autor: Katja Müller

Haßfurt, Donnerstag, 06. April 2017

Viele Heilpflanzen werden immer noch als Unkraut verkannt. Dabei können Giersch, Brennnessel und Co. wahre Wunder wirken. Ein Spaziergang mit Kräuterführerin Christine Karl.


Man muss sich nur bücken und zugreifen. Wobei: "Das nehmen wir jetzt lieber nicht. Wenn man sich etwas Gutes tun will, sollten die Kräuter nicht von Autoabgasen oder von Hunden verunreinigt sein", erklärt Christine Karl und führt die Reporterin vom Spazierweg am Krumer Sportgelände in die angrenzende Wiese.


Pfeffrige Note im Abgang

Hier schießen Scharbockskraut, Löwenzahn und Spitzwegerich aus dem Boden. Schon hat die Kräuterführerin die Blätter eines Scharbockskrauts in der Hand: "Probieren Sie mal." Das Kraut schmeckt leicht bitter und hat im Abgang eine pfeffrige Note. Lecker! Dazu punktet die Pflanze mit einem Vitamin-C-Gehalt, der Zitrusfrüchte ziemlich blass aussehen lässt.
"Roh in einem Smoothie oder Salat ist das Scharbockskraut eine Bereicherung", schwärmt Christine Karl. Allerdings sollte man die Blätter vor der Blütezeit pflücken. "Wenn sie aussehen wie lackiert", so die Expertin.
Das Pflücken von Wildkräutern ist für die 51-Jährige "ein Erlebnis mit allen Sinnen: Wie das riecht, sich anfühlt und schmeckt", schwärmt die Verwaltungsfachangestellte in der Stadt Zeil.
Ihre Begeisterung ist ansteckend. Beherzt beißt die Reporterin in die rosafarbenen Knospen eines Wiesenschaumkrauts, besser bekannt als Fleischblume. Aber hoppla, das ist scharf! Das unscheinbare Blümchen schmeckt nach einer Mischung aus Kresse und Meerrettich. Die enthaltenen Senfölglykoside reinigen den Körper von Schlacken und putzen den Darm aus. Die jungen Blätter werden vor der Blüte gesammelt, aber auch die Blüten und Knospen sind essbar. Sie werden in Salaten, in Kräutersuppen, als Gewürz für Quark und Frischkäse sowie in Soßen verwendet.
Christine Karl hat die Begeisterung für Wildkräuter quasi geerbt. "Ich bin in der Landwirtschaft aufgewachsen, meine Oma hat uns mit Kräutern versorgt. Das war ganz selbstverständlich", erzählt die Zeilerin.


Unkraut wegessen statt jäten

Ihre Lieblingskräuter sind übrigens Brennnesseln und Giersch - zwei Pflanzen, die bei Gartenbesitzern nicht sehr beliebt sind. "Das ist ein tolles Gemüse, das wie Spinat zubereitet wird. Das reichlich enthaltene Vitamin C und Eisen pushen unseren Körper richtig", sagt Christine Karl.
Den Giersch erkennt man an seinem dreikantigen Stiel. Er enthält viel Vitamin C und entsäuert den Körper.
Brennnesseln vermeiden Blutarmut und Eisenmangel. "Man muss sie von unten anfassen und die brennenden Härchen nicht gegen den Strich streichen", erklärt Christine Karl, die jeden Morgen ein Glas Brennnessel-Aufguss trinkt. "Wenn ich bei Führungen eine Kostprobe davon anbiete, sind die meisten Leute vom Geschmack positiv überrascht", erzählt sie lachend.


Gleichbleibende Nachfrage

Seit ihrer Kräuterausbildung am Amt für ländliche Entwicklung Unterfranken wird Christine Karl regelmäßig für Führungen angefragt und bietet sie auch über die Volkshochschule Haßberge an.
Bernhard Schurig, der dort für das Programm verantwortlich ist, attestiert dem Thema Kräuter ein gleichbleibendes Interesse. "Wir bieten seit über 30 Jahren Veranstaltungen dazu an", sagt er. Dazu gehörten auch die Verarbeitung der Kräuter zu Lebensmitteln oder Naturkosmetik. Auch Bettina Stroh, Leiterin des Umweltbildungszentrum in Oberschleichach (Ubiz), berichtet, dass die Nachfrage über die Jahre kaum Schwankungen unterliege. "Das Thema interessiert vor allem Frauen, denen ihre eigene Gesundheit wichtig ist."
Christine Karl freut sich über jeden, der auf den Geschmack kommt. Und nicht nur das: "Man geht raus, bewegt sich und bekommt einen Bezug zur Natur. Das ist doch nur positiv."