Druckartikel: Finanziell äußerst schwierige Zeit

Finanziell äußerst schwierige Zeit


Autor: Martin Rebhan

Bad Rodach, Dienstag, 09. Juni 2020

Bad Rodach sieht einem dramatischen Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen entgegen. Soll die Stadt beim Freistaat eine Bedarfszuweisung beantragen und soll sie an der Steuerschraube drehen?
Der Stadtrat von Bad Rodach machte sich in der Sitzung am Montag Gedanken über eine Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuer B.  Foto: Wolfilser - stock.adobe.com


In der Sitzung des Stadtrates am Montag erläuterte Bürgermeister Tobias Ehrlicher (SPD), dass man mit einer Gewerbesteuereinnahme von 1,9 Millionen Euro gerechnet habe. Aber dass daraus nichts werde. Er fügte hinzu: "Jetzt kann es sein, dass es zu einer negativen Einnahme kommen kann." Das bedeute, dass die Stadt geleistete Vorauszahlungen eventuell wieder erstatten muss.

Eine hohe Kreisumlage tut ihr Übriges, so dass die Kurstadt droht, in finanzielle Schieflage zu geraten. Für Ehrlicher ist eine Bedarfszuweisung ein probates Mittel, hier dagegenzuhalten. Wie er dem Gremium berichtete, hätten Gespräche mit dem Städtetag ergeben, dass Bad Rodach sehr gute Aussichten hätte, in den Genuss dieser Unterstützung zu kommen. "Das kann eine Million Euro aufwärts sein", führte der Bürgermeister vor Augen.

Allerdings ist eine solche Unterstützung an gewisse Bedingungen geknüpft. So müssen unter anderem die Kommunalsteuern wie Gewerbe- und Grundsteuer über dem Landesdurchschnitt liegen. Und hier hat Bad Rodach ein Problem. Sowohl bei der Grundsteuer B (bebaute Grundstücke) liegt man mit einem Hebesatz von 320 Prozent unter dem Landesdurchschnitt von 336 Prozent als auch bei der Gewerbesteuer. Bad Rodach ist den Unternehmen sehr gewogen und hat einen Hebesatz von 320 Prozent festgelegt. Der Landesdurchschnitt liegt nach Worten des Bürgermeisters bei 326 Prozent. Bei kreisangehörigen Kommunen in der Größe von Bad Rodach ist der Landesdurchschnitt 323,8 Prozent.

Stadt hat keine Wahl

Um Bedarfszuweisungen zu erhalten, bleibt der Stadt also nichts anderes übrig, als die Hebesätze zu erhöhen. Einigkeit herrschte im Stadtrat darüber, dass ein Antrag zur Erlangung einer Bedarfszuweisung gestellt werden soll. Unterschiedliche Auffassungen gab es zur Höhe der neuen Hebesätze. Seitens der Verwaltung wurde vorgeschlagen, den Satz bei der Grundsteuer B auf 360 Prozent und den Hebesatz bei der Gewerbesteuer auf 340 Prozent festzulegen. Bürgermeister Ehrlicher erläuterte hierzu, dass seitens des Städtetages geraten worden sei, die neue Steuerhöhe nicht knapp über dem Landesdurchschnitt festzulegen, sondern auch in Anbetracht dessen, eventuell auch Stabilisierungshilfen erhalten zu können, diese um zehn Prozent über dem Landesdurchschnitt zu platzieren. Dies war für Stephan Schink (CSU) nicht tragbar. In einem plädoyersgleich formulierten Antrag sprach er sich dafür aus, den Hebesatz für die Gewerbesteuer auf 330 Prozent und den für die Grundsteuer B auf 345 Prozent festzusetzen. Er verwies darauf, dass die Unternehmen aufgrund der schlechten Verkehrsanbindung einen Wettbewerbsnachteil in Kauf nehmen müssten, der durch einen unter dem Landesdurchschnitt liegenden Hebesatz ausgeglichen werde. "Das war und ist gut und auch angemessen", betonte Schink. Der Stadtrat weiter: "Mit der Entscheidung, die Gewerbesteuer auf 340 vom Hundert zu erhöhen, erhöhen wir auch den Wettbewerbsdruck auf unsere ortsansässigen Betriebe, die dann neben einem infrastrukturellen Wettbewerbsnachteil auch noch eine finanzielle Mehrbelastung zu stemmen haben." Deutlich wurde Schink, als er erklärte, dass Bedarfszuweisungen und Stabilisierungshilfen nichts anderes bedeuteten, als dass mehr ausgegeben werde, als zur Verfügung stehe. "Ziel muss sein, die Wirtschaft zu stärken und perfekt zu haushalten", betonte Schink. Für ihn sei es fatal, wenn in Zeiten, in denen der Staat Familien, Unternehmen und Kommunen mit Steuerentlastungen vor dem Absturz bewahre, in Bad Rodach Steuern angehoben würden. "Sind wir uns im Klaren, welches Signal wir damit senden?", fragte Schink in die Runde. Abschließend betonte er: "Um die notwendigen Bedarfszuweisungen und Stabilisierungshilfen beantragen zu können, kann ich einer Grund- und Gewerbesteuer auf Landesdurchschnitt zustimmen. Alles, was darüber hinausgeht, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu verantworten."

Namentliche Abstimmung

In namentlicher Abstimmung folgten Klaus Geuther (SBB), Matthias Thumser (ÖDP), Christoph Herold, Nina Klett. Moritz Regenspurger und Moritz von Butler (CSU) seinem Antrag, der mit sieben Stimmen nicht die notwendige Mehrheit erhielt. Dem Antrag der Verwaltung, die Hebesätze auf 340 Prozent (Gewerbesteuer) und 360 Prozent (Grundsteuer) festzulegen, stimmten neben Bürgermeister Tobias Ehrlicher auch Ute Appel, Axel Dorscht, Markus Geflitter, Hermann Liebermann, Katrin Liebermann, Michael Pertsch (SPD), Werner Zoufal, Armin Knauf (Grüne/offener Kreis), Gunther Bär, Ernst-Wilhelm Geiling, Gisela Roos und Bernd Werner (FW) zu. Rainer Möbus (Zukunftsforum) war nicht anwesend. Gleich bleibt der Hebesatz für die Grundsteuer A (landwirtschaftliche Fläche) mit 450 Prozent.

Moritz Regenspurger sagte nach der Abstimmung: "Solidarität darf keine Einbahnstraße sein. Im Handeln des Stadtrates muss sich widerspiegeln, dass es den Bürgern und den Unternehmen zu verdanken ist, dass durch die Erhöhung der Hebesätze zusätzliches Geld in die Kasse der Kurstadt fließt." Ein kleines Scharmützel gab es zwischen Christoph Herold und Bürgermeister Ehrlicher. Herold ärgerte sich darüber, dass ihm vor drei Monaten vorgeworfen wurde, dass es "schäbig" sei, die finanzielle Situation der Stadt als schlecht darzustellen. "Heute sieht man, was schäbig oder ehrlicher ist", schoss er in Richtung Bürgermeister. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: "Da hat wohl einer den 15. März nicht vergessen."

Was genau ist nun geplant? Besitzer eines Einfamilienhauses mit einem Einheitswert von 30 000 Euro müssen rund 30 Euro mehr an Grundsteuer bezahlen. Der Vorschlag von Stephan Schink hätte die Eigentümer mit etwa 20 Euro zusätzlich belastet. Für Eigentümer von Zweifamilienhäusern bedeutet dies bei gleichem Einheitswert eine jährliche Kostensteigerung von 37 Euro (23 Euro nach Vorschlag von Stephan Schink). Für Kapitalgesellschaften heißt die Erhöhung der Gewerbesteuer, dass je 100 000 Euro maßgeblichen Gewerbeertrags rund 700 Euro mehr abgeführt werden müssen. Der Vorschlag von Stephan Schink hätte diesen Wert auf 300 Euro reduziert. Für Einzelunternehmer und Gesellschafter von Personengesellschaften ist die Gewerbesteuerlast kostenneutral, da man sich diese auf die persönliche Einkommensteuer anrechnen lassen kann.