Filmriss nach 15 Bier, ein Meineid und ein verirrtes Opfer
Autor: Karina Brock
Adelsdorf, Montag, 13. Januar 2020
Was Alkohol anrichten kann, bewies gestern wieder einmal eindrücklich eine Gerichtsverhandlung. Vor dem Erlanger Amtsgericht trafen sich rumänische Landsmänner, eigentlich Freunde. Einer von ihnen hat...
Was Alkohol anrichten kann, bewies gestern wieder einmal eindrücklich eine Gerichtsverhandlung.
Vor dem Erlanger Amtsgericht trafen sich rumänische Landsmänner, eigentlich Freunde. Einer von ihnen hatte sturzbesoffen einem anderen einen Maßkrug über den Schädel gezogen. "Du hättest mich umbringen können!", warf der Geschädigte dem Angeklagten vor.
Bis es soweit war, gingen jedoch einige Stunden ins Land, da das 45-jährige Opfer, das auch als Nebenkläger auftrat, zunächst nicht auftauchte. Daher wurde zuerst der Gastgeber der großen Geburtstagsfeier in Adelsdorf befragt, wo sich der Vorfall Ende Juni 2019 zugetragen haben soll. Dieser behauptete, nur eine Rangelei gesehen zu haben. "Bei der Polizei haben Sie aber mehr ausgesagt", hielt ihm Richterin Birgit Griem seine unterschriebene Zeugenaussage vor. Nein, er habe dasselbe gesagt. Was er am Ende unterschrieben habe, habe er nicht lesen können. Des Deutschen waren die Beteiligten nämlich alle kaum mächtig, weshalb eine Dolmetscherin simultan übersetzte, was gesprochen wurde.
"Ich lasse mich hier nicht für blöd verkaufen!", warnte Griem und ließ den Mann einen Eid schwören, da dieser von seiner "Gefälligkeitsaussage", so die Richterin, nicht abwich.
Auch vom 41-jährigen Angeklagten war nicht mehr zu erfahren: Er berief sich auf Gedächtnislücken. Er habe im Laufe dieses Tages 14 bis 15 Bier und vier Whisky-Cola zu sich genommen. So kam die Beweisaufnahme nicht weiter. Der Geschädigte selbst fehlte schließlich. Sein Rechtsanwalt meinte, dass er offenbar noch in Rumänien sei, da er sich nach einem Telefonat vor einer Woche nicht mehr bei ihm gemeldet habe.
Eine vertrackte Situation, die sich vor allem für den eigentlich unbeteiligten Zeugen immer weiter verstrickte: Die Verhandlung musste vertagt werden. Ohne handfeste Aussage könne niemand verurteilt werden, waren sich die Parteien einig. Auch die Einlassung des Gastgebers müsse nun geprüft werden: Hat er einen Meineid geleistet, ja oder nein? Wegen Verdunkelungsgefahr stellte der Staatsanwalt zudem einen Haftantrag: "Das sind Freunde und Familie, die nahe beieinander wohnen. Natürlich würden die sich absprechen." Die Richterin gab dem statt und ließ den Zeugen direkt aus dem Gerichtssaal abführen.
Falsche Adresse
Bei der Suche nach einem neuen Termin erfuhr der Vertreter der Nebenklage dann jedoch, dass sein Mandant statt zum Gericht zu seiner Kanzlei gefahren war. "Sie kommen jetzt sofort hierher, hören Sie?", wies er ihn an.