Feuerwehr zieht an einer Spritze
Autor: Andreas Welz
Lichtenfels, Dienstag, 07. August 2018
Vor beinahe 150 Jahren gab es die erste Großübung im Raum Lichtenfels mit 250 Brandschützern.
Glückliche Jahre beginnen zum Ende des 19. Jahrhunderts am Obermain. In unserer Serie "Lichtenfels vor 150 Jahren" wird deutlich, dass die Schrecken der Kriege vergessen sind, die Wirtschaft boomt und die Menschen fröhliche Feste feiern. Das Feuerwehrwesen wird durch die Bildung freiwilliger Wehren völlig umgekrempelt.
Eine Großübung von Freiwilligen fand erstmals am 17. Oktober 1875 statt, an der sich die Wehren aus Lichtenfels, Schney, Zeuln, Ober- und Unterwallenstadt, Roth, Langheim, Stetten, Michelau mit 250 Mann beteiligten. Auf dem Anger probten die Mannschaften Gerät und Ausrüstung. Als Brandobjekt diente das Lichtenfelser Rathaus. Die Lokalzeitung sparte nicht mit Lob: "Magistrat, Gemeindebevollmächtigten und der Bezirksamtmann waren begeistert." Bereits 1874 zählte der Amtsbezirk 82 freiwillige Feuerwehren, in Oberfranken 246, Bayern 1800.
Neue Eisenbahnlinie
Der lebhafte Handel erforderte neue Transportwege. Anfang 1875 wurde eine neue Eisenbahnlinie von Fulda, Bischofsheim, Neustadt a. d. Saale, Königshofen, Ermershausen, Maroldsweisach, Pfarrweisach, Gleußen, Lichtenfels geplant. Die Strecke Lichtenfels-Fulda soll den Weg via Bamberg um 14 Meilen abkürzen. Der Transitverkehr nach Westfalen, Holland und Bremen und der Lokalverkehr könnte große Dimensionen annehmen, "da die Linie wohlhabende Gemeinden in Unterfranken durchschneidet", heißt es in der Zeitung. Widerstand regte sich in Bamberg. Das Projekt sollte in Fulda-Neustadt-Bamberg umgeändert werden. "Dabei würde unstreitig das Hauptmotiv der hessisch-bayerischen Querbahn entfalten", schreibt das Lokalblatt. Es komme hauptsächlich darauf an, eine direkte Verbindung von Köln über Gießen nach Fulda und dem nordöstlichen Bayern nach Böhmen und Österreich zu schaffen, was durch die Trasse Neustadt-Lichtenfels leichter erreicht wird als durch Neustadt-Bamberg. Am 27. März 1875 regte die bayerische Regierung Verhandlungen für das Projekt Fulda-Lichtenfels an. Am 12. April bat das Eisenbahn-Committee Lichtenfels-Itzgrund um Bau der Bahn im Namen einer stiefmütterlich behandelten Gegend.
Auf Gaslampen umgestellt
Die Neuzeit kündigte sich auch durch technische Errungenschaften an. In Lichtenfels wurde die Straßenbeleuchtung durch Gaslampen ersetzt, die mehr oder weniger funktionierte. Ein Leserbriefschreiber monierte am 27. April: "Das Auf- und Abflackern erzeugt eine ängstliche Unbehaglichkeit. Der Kronensaal (heute Marktplatz 10) wurde beim Konzert zur Spelunke herabgewürdigt. Die versprochene Lichtstärke von zwölf Stearinkerzen wird nicht erreicht."In diesen Jahren wurden Volksfeste ausgiebig gefeiert. Der Kulmbacher Bierexport stieg 1874 auf 12,658 Millionen Liter, 270 683 mehr als im Vorjahr. Die großen Maskenbälle der Schützengesellschaft Lichtenfels im Schießhaussaal waren ausverkauft. Am 30. Januar 1875 begeisterte die Musik des 5. Bayerischen-Infanterie-Regiments aus Bamberg. Im Kronensaal spielte die Zigeuner-Salonkapelle auf. Am 26. August wurde das Geburts- und Namensfest seiner Majestät des Königs gefeiert. Morgens fand ein Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche statt. Abends erfreute ein Vokal- und Instrumentalkonzert des Gesangvereins "Liederkranz" im Schießhaussaal. "Bezirksamtmann Zeller hielt eine zu Herzen gehende Rede. Er beschwor die jahrhundertelange Anhänglichkeit des bayerischen Volkes zu seinem geliebten Fürstengeschlecht. Zum Schlusse brachte er unserem allgeliebten König Ludwig II. ein dreifaches Hoch aus, in welches alle Anwesenden begeistert einstimmten." Auch das Sedanfest am 2. September zeugte von der patriotischen Gesinnung des Volkes. Nur das Stadtpfarramt verweigerte 1875 einen besonderen Gottesdienst. In Leserbriefen wird der Grund der Ablehnung in der Person des Vorsitzenden des Kriegervereins gesehen, der katholisch getauft, aber in gemischter Ehe seine Kinder protestantisch erziehe.