Feine Schritte und Gesten
Autor: Maria Löffler
Mitwitz, Montag, 06. Mai 2019
"Das sind die Feinheiten des Barock. Da wurde man ganz anders abgecheckt." Uschi Weiß, Mitglied der Historischen Tanzgruppe "L'Alouette" (die Lerche) verriet am Wochenende beim Workshop im Schmölzer S...
"Das sind die Feinheiten des Barock. Da wurde man ganz anders abgecheckt." Uschi Weiß, Mitglied der Historischen Tanzgruppe "L'Alouette" (die Lerche) verriet am Wochenende beim Workshop im Schmölzer Schloss auch ein paar "Insider". Sie wusste zum Beispiel, wo der berühmte "Schönheitsfleck" (Mouche) sitzen muss, um zu signalisieren: "Ich habe nichts gegen ein Liebesabenteuer."
Der Schwerpunkt des Workshops lag aber eindeutig auf historischen Tanzschritten. Und die kamen allesamt aus der sogenannten "Playford-Sammlung", benannt nach John Playford, der schon 1651 eine erste Sammlung von damals üblichen "Social Dances" veröffentlichte. Hier finden sich rund 900 Tänze mit den dazugehörigen Beschreibungen. Henry Weiß von "L'Alouette": "Wir halten uns an öffentlich zugängliches Material und wollen dabei aber in jedem Fall authentisch bleiben."
Und authentisch bedeutete an diesem Workshop, dass nicht immer nur auf korrekte Tanzschritte Wert gelegt wurde, sondern auch mal ein koketter Augenaufschlag, eine bestimmte Fächerneigung, oder eine beiläufig wirkende Geste in die Performance eingeflossen waren.
Teilnehmerin Juliana Bernert aus Schmölz war zum ersten Mal dabei. Sie meinte: "Ich tanze eigentlich alles, aber das hier ist etwas völlig anderes. Das ist nicht nur Tanz, das ist ein überwältigendes Erlebnis. Ich könnte mir schon vorstellen, auch eines dieser tollen Kleider für mich nähen zu lassen und komme auch gerne wieder."
Als einen schönen Anfangserfolg bezeichneten die Mitglieder von "L'Alouette" ihren Workshop. Sie haben sich in dieser Formation erst seit kurzem gegründet, tanzen aber alle schon wesentlich länger. Aus einem "Kaffeeklatsch" bei Edeka sei diese Idee entstanden, aber an erster Stelle rangiere nach wie vor die Freude am Tanz. "Wir wollen nicht die Lust verlieren, machen gerne auch mal öffentliche Auftritte, flanieren gelegentlich am Sonntagnachmittag oder nehmen an einem historischen Fest teil. Aber es darf nicht in Freizeitstress ausarten. Und wir treffen immer gemeinsame Entscheidungen. Da ist niemand, der den Ton angibt."
Dazu nickt auch Arnold Fischer, der beim Tanzen wirkt, als hätte man ihn aus dem 16. Jahrhundert in die Neuzeit katapultiert. "Irgendwie habe ich das in mir," meint er und muss lächeln. Sobald ich mein Kostüm angezogen habe, bin ich ein völlig anderer Mensch. Ich nehme meine Rolle als Adliger sehr gerne an und ich nehme sie auch ernst." Und das spüren auch die Workshopteilnehmer, denen er mit sehr viel Geduld, aber auch mit Ernsthaftigkeit begegnet. "Korrektes Tanzen ist wichtig, denn jeder Tanz hat seine ganz eigenen Regeln." Die Mitglieder von "L'Alouette" freuten sich auch über die "Location", die ihnen von den Eigentümern des Schlosses, Girle und Paul Pfisterer, zur Verfügung gestellt worden waren. Sie durften nämlich in der imposanten Eingangshalle die Teilnehmer anleiten. "In einer solchen Umgebung verhält man sich natürlich ganz anders, als in einer Turnhalle."
Wert legt die Gruppe aber vor allem auch auf Wertschätzung und den Umgang miteinander. "Das war früher ganz anders als heute. Da hat man sich nicht eben mal ein ,hey' oder ein ,hi'' zugerufen. Da waren ausgiebige Begrüßungszeremonielle an der Tagesordnung. Jedenfalls in adligen Kreisen", schränkt Uschi Weiß ein. "Und wir tanzen unter anderem, damit wir in Bewegung bleiben. Das ist auch eine Art, um Alzheimer vorzubeugen und um fit zu bleiben."