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Fasching: Lokalkolorit statt Weltpolitik


Autor: Marco Meißner

LKR Kronach, Samstag, 07. Februar 2015

Umzüge  Die große Politik spielt beim regionalen Fasching keine nennenswerte Rolle. Skandale um Charlie Hebdo, Pegida & Co. sind nicht zu erwarten - und auch nicht erwünscht.
Für Faschingsnarren gehört es dazu, auch heiße Eisen anzupacken. Insgesamt heißt es im Kreis Kronach aber: lieber regionale Themen als die große Politik. Im vergangenen Jahr nahmen beispielsweise die Steinwiesener ihre Nachbarn aus Zeyern auf die Schippe. Foto: Archiv/Susanne Deuerling


von unserem Redaktionsmitglied 
Marco Meissner

Kreis Kronach — Reinhard Wiedel betreut seit 24 Jahren den Faschingsumzug in Steinwiesen. In dieser ganzen Zeit hat er keine thematischen Ausrutscher der Teilnehmer erlebt. Und er ist überzeugt, dass sich heuer daran nichts ändern wird - auch wenn der Umzug in Köln mit der vieldiskutierten Idee für einen Charlie-Hebdo-Wagen zeigt, dass die große Politik den Faschingsnarren auch zweischneidige Themen vor die Nase setzt.
"Ich weiß bis jetzt noch nichts über die Wagen, aber ich glaube nicht, dass das Thema ,Charlie Hebdo‘ vorkommt", stellt Wiedel fest. Das gelte übrigens auch für die Büttenabende.
Den am Umzug teilnehmenden Gruppen stelle man keine Hürden in den Weg, was die Wahl des Themas betrifft. "Wir sind ja froh, dass jemand was macht", betont der Faschingsroutinier. Und diejenigen, die für die närrischen Tage etwas auf die Beine stellen, haben seiner Erfahrung nach so viel Fingerspitzengefühl, dass sie wissen, wie weit sie gehen dürfen.
Außerdem konzentriere man sich in Steinwiesen eher auf lokale Themen und teile lieber einmal einen kleinen Seitenhieb an Nachbarorte aus, als sich mit bundespolitischen Fragen ausein anderzusetzen. Das überlässt man lieber den Großstädten.
In Wallenfels sieht es ähnlich aus. Auch dort ist "erlaubt, was gefällt", so Organisator Roland Querfurth. Dass sich in diesem Jahr eine Gruppe im Thema vergreift oder den falschen Ton in ihrer Aussage trifft, glaubt er nicht. Die große Politik sei bei den Umzugsteilnehmern ohnehin nicht sonderlich gefragt.
Seit elf Jahren betreut Querfurth die Gruppen schon, die sich bei ihm - ohne Themenangabe - anmelden müssen. "Und bis jetzt ist alles ganz normal gelaufen", blickt er zurück.
Martin Sesselmann aus Teuschnitz ist seit zwölf Jahren Organisator des dortigen Faschingsumzugs. Die Anmeldungen weisen seiner Auskunft nach nicht darauf hin, dass sich heuer irgendeine Gruppe an Charlie Hebdo oder ähnlich brisante Themen heranwagt. "Wir gehen aber auch weniger auf politische, sondern mehr auf heimische Vorkommnisse ein", so Sesselmann.
Wie bei seinen Faschingskollegen aus dem Rodachtal weist auch er darauf hin, dass es keine Vorabkontrollen der Wagen gebe, sondern nur eine Anmeldung mit der Nennung des Themas. "Trotzdem war noch nie etwas Ausfälliges dabei. Da haben wir vollstes Vertrauen in unsere Leute."
Ulla Opel erklärt, dass der Fasching in Neukenroth heuer unter dem Motto "Der Weltraum über Neugrua" steht. Dieses Thema ziehe sich weitgehend durch das bunte Treiben bis in den Umzug hinein, so dass die Weltpolitik eigentlich keine Rolle spiele. Auf die Frage nach Charlie Hebdo erklärt sie denn auch: "Das Thema gibt's bei uns gar nicht." Seit etwa fünf Jahren ist Ulla Opel in Neukenroth Mitorganisatorin des Faschingsumzugs. In dieser Zeit hat sie festgestellt, dass die Leute wissen, wie weit sie gehen dürfen. "Es hat nie eine Aufregung gegeben." Und sie wagt die Prognose, dass sich auch heuer nichts daran ändern wird.

Nicht unter Gürtellinie gehen

In Rothenkirchen soll der Fasching hingegen nicht ausschließlich vom lokalen Geschehen geprägt sein, weil das Publikum nicht nur aus dem eigenen Ort kommt, wie Stefan Heinlein erklärt. Doch auch wenn über den Tellerrand geblickt werden darf, steht für die Teilnehmer fest: "Wir geben Pegida & Co. keine Plattform." Bei den Bütten abenden seien solche Themen nicht erwünscht und sie kämen auch nicht vor.
Bei den Umzugswagen weiß Heinlein, der den Gaudiwurm schon gut sieben, acht Jahre mitorganisiert, welche Themen gewählt werden. Die seien zumeist von regionalen Vorkommnissen geprägt. "Wir hatten noch nie Probleme. Wir mussten auch noch nie einen Wagen rausziehen", betont er.
In Kronach gehen die Narren bei den Büttenabenden heiklen Themen aus der Weltpolitik ebenfalls aus dem Weg. Nicht etwa aus Angst davor, sondern wegen des Niveaus und der Achtung vor den Opfern, wie Sitzungspräsident Martin Panzer betont. "Wir wollen oberhalb der Gürtellinie bleiben", sagt er. Und er ergänzt: "Ein bisschen Satire ist gut, dann muss sie aber auch intelligent eingesetzt werden." Angesichts dieser Maßgabe ist sich Panzer sicher, würde in Kronach kein Büttenredner auf den Gedanken kommen, den Terroranschlag in Frankreich für eine Lachnummer aufzugreifen. Deshalb müsse man die Redner auch nicht kontrollieren. "Die wissen, um was es geht. Da hat es auch noch nie Probleme gegeben." Außerdem meint Panzer: "Der Büttenabend ist etwas, bei dem man lachen will. Ich glaube nicht, dass sich die Leute da mit so einem schweren Thema befassen wollen."