Fahrerkabine als Wohnzimmer
Autor: Helmut Will
Ebern, Sonntag, 13. Juli 2014
Trucker-treffen Wenn ein Lastwagen zum Kunstwerk wird, erfreuen sich nicht nur die Fahrer selbst daran. Die Eigentümer solcher Fahrzeuge, die nach eigenem Bekunden besonders "ticken", investierten dazu einige tausend Euro.
von unserem Mitarbeiter Helmut Will
Ebern — Am späten Samstagnachmittag kurvten einige "Hingucker" durch Ebern. Imposante Trucks glänzten in der Nachmittagssonne mit ihren verschiedenen Motiven an Front und Seiten und nahmen Kurs auf die ehemalige Kaserne. Dort waren sie schnell auf dem Firmengelände der Firma Batzner verschwunden. Erstmals seit dem Truck-Stop-Konzert vor Jahrzehnten in der Dreifachturnhalle fand ein "Truckertreffen" statt, zu dem Bernd Batzner und seine Ehefrau Esther ihren Bekanntenkreis, alles Trucker mit Leib und Seele, eingeladen hatten.
Bernd Batzner, selbst leidenschaftlicher Fan von aufgemotzten Trucks, hieß 20 Gleichgesinnte mit ihren "glitzernden Lastern" willkommen.
Ein nicht ganz billiges Hobby verbindet die Freunde und Eigentümer, wie selbst der Laie beim Anblick der prächtigen Fahrzeuge erkennt.
"Wir kennen uns alle schon gut 20 Jahre", sagt Bernd Batzner, der mittlerweile seinen zweiten Truck als Hingucker aufbereitet hat. Der, mit dem Kennzeichen HAS - BB 500, ist seine neueste Errungenschaft. Ein Volvo mit 480 Pferdestärken.
Wertvolle Lederausstattung
Stolz öffnet Bernd Batzner die Fahrertür und sofort fällt auf, dass die Fahrerkabine von der Einrichtung her eher einem Wohnzimmer gleicht als dem Arbeitsplatz eines Lkw-Fahrers im herkömmlichen Sinn.
Bevor man "auf den Bock" steigt, sucht man nach unwillkürlich einem Fußabstreifer, um nicht das wertvolle Leder, mit dem der Fußraum aber auch die Armaturen ausgekleidet sind, zu beschmutzen oder zu beschädigen.
"Solches Leder", sagt sein Truckerkollege Bernd Eichhorn aus Birstein in Hessen, "wird im Bentley verbaut." Der 64-jährige Unternehmer hat in seinem Fuhrbetrieb 60 Lastwagen laufen, mit zwei seiner Prachtstücke sind er und sein Fahrer Bernd Lein die 180 Kilometer von Birstein nach Ebern angereist.
Besonders sticht sein Mercedes Actros RS mit 540 PS mit dem Kennzeichen HU - XK 222 ins Auge. Dass der Birsteiner ein Fan von Kanada sein muss, wird an der aufwendigen Außenlackierung sichtbar.
Bären beim Lachsfang sind auf der Fahrertür zu sehen, Indianer und ein Beamter der berittenen Royal Canadian Mounted Police zieren mit Airbrush-Bildern die Rückseite des Fahrerhauses und dort, wo sonst ein Aufleger befestigt wird, hat sich ein Elch niedergelassen.
Warum macht man so was, motzt seinen Laster so auf? Wie aus der Pistole geschossen kommt von Bernd Eichhorn die Antwort: "Wir machen das, weil wir verrückt sind, man kann auch sagen wir haben unseren Beruf zum Hobby gemacht oder umgekehrt."
Küpser fährt auf Phil Collins ab
Bernd Batzner ergänzt die Aussage seines Truckerkollegen und sagt: "Wenn man täglich mehr oder weniger im Truck lebt, will man sich dort auch wohl fühlen."
Dass bei den Prachtexemplaren teilweise der Kilometeranzeiger nach Überschreiten der Millionengrenze wieder bei Null begonnen hat, merkt man den Fahrzeugen nicht an.
"Liebe zur Gestaltung muss man schon für sein Fahrzeug haben", sagt Transportunternehmer Sascha Fleischmann aus Küps bei Kronach, der mit seinem 540 PS starken Volvo, Kennzeichen KC - X 2000, nach Ebern gekommen ist. Er ist ein Fan des britischen Sängers Phil Collins, den er auf seinem Truck verewigt hat.
Er schätzt, dass er bei der Gestaltung seines Trucks persönlich so um die 400 Stunden investiert hat. "Früher hat man fast alles selbst gemacht, aber es ist eine Professionalität bei der Gestaltung entstanden, wozu du auch Leute brauchst, die ihr Handwerk verstehen", sagt Fleischmann.
Ihm und seinen Truckerfreunden gefällt es immer wieder, wenn ihre gestylten Fahrzeuge bewundernde Blicke auf sich ziehen.
Auch die Kabine seines Volvo ist mit edlem "Bentley-Leder" ausgekleidet.
"Eine Stereoanlage muss natürlich auch sein", lacht Sascha Fleischmann, schaltet diese ein und, wie könnte es anders sein, es ertönt Musik von Phil Collins.
"Goldene Schallplatten" seines Lieblingsmusikers hängen in der Schlafkabine seines Trucks. Was hat er für das Styling investiert?
Der Phil Collins-Fan blickt etwas unsicher, soll er es sagen oder nicht? Schließlich lässt er die Katze aus dem Sack: "So 35 000 bis 40 000 Euro sind es, denke ich, schon." Hier sind sich die drei Trucker einig. Je nach Aufmachung muss man schon zwischen 10 000 und 40 000 Euro hinlegen, um "On der Road" ist die Blicke auf sich zu ziehen.
Auf seinen "Alten" oder seinen "Ersten" hinzuweisen, will Bernd Batzner auch nicht vergessen. Das Kennzeichen EBN - BB 1 trägt dieser Volvo mit dem Namen seiner Frau Esther und seinem Namen auf Frontscheibe und an den Sitzen der Fahrer- und Beifahrerseite.
"Das ist mein Bärentruck", sagt Bernd Batzner, auf dem auch Konterfeis seiner Töchter Janina und Annika seitlich aufgemalt sind. Seine Frau freut sich, dass sie das Motiv für den ersten "Hingucker" ihres Mannes Bernd auswählen durfte. "Das ist quasi unser Familientruck", lacht Esther und nimmt ihre beiden Töchter vor deren Bildern an der Seite des Trucks in die Arme.
Phil Collins, der Lieblingssänger von Trucker Bernd Eichhorn kam zum Ausklang des Treffens am Samstagabend nicht nach Ebern, aber "Straßenbrüder", die Liveband "The Road Brothers", betrat die Bühne, um die Truckerfamilie mit passender Musik bis in die Nachtstunden zu unterhalten.