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Europa nach der Wahl - PolitTalk auf der Saaleinsel


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Hammelburg, Mittwoch, 31. Juli 2019

Europa hat gewählt. Die Europa-Union Hammelburg zog Bilanz, wagte einen Ausblick und gab Antworten auf die Frage: "Was bringt die Europäische Union den Menschen in der Rhön?" Über 100 Zuhörer lauschte...
KV-Vorsitzender Hans-Dieter Scherpf (von links) Staatsminister a.D. Eberhard Sinner und Referent Dr. Reinhard Schaupp. Foto: Rita Schaupp


Europa hat gewählt. Die Europa-Union Hammelburg zog Bilanz, wagte einen Ausblick und gab Antworten auf die Frage: "Was bringt die Europäische Union den Menschen in der Rhön?" Über 100 Zuhörer lauschten auf der Saaleinsel den beiden Referenten, Staatsminister a.D. Eberhard Sinner und Dr. Reinhard Schaupp.

Kaum ein hiesiger Politiker kennt die Europäische Union so ausführlich wie der Lohrer Eberhard Sinner. Insgesamt drei Ministerämter hatte der 74-Jährige inne, darunter war er von 2003 bis 2005 Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten. Unter seine Regie fiel auch die Einrichtung der Bayerischen Landesvertretung in Brüssel. In seinem Vortrag nannte Eberhard Sinner die Europäische Union "eine Friedensunion". "Die Rhön stand während des Kalten Krieges mit dem Rücken zur Wand. Das Zonenrandgebiet war abgehängt", erinnerte Sinner an die Situation vor 1990. Seit der Wiedervereinigung, der nun zentralen Lage innerhalb Deutschlands und mit Förderung durch die EU ging es auch in dieser Region wirtschaftlich bergauf. "Europa beschränkt sich nicht auf Brüssel", meinte der Referent und nannte hier die zahlreichen Förderprogramme der EU, die er an Beispielen zum Landkreis Rhön-Grabfeld aufzeigte. "Bis Ablauf der aktuellen Förderperiode (2014 bis 2020) werden rund 120 Millionen Euro nach Rhön-Grabfeld geflossen sein. Die Mittel speisen sich fast ausschließlich aus den großen Fonds. Der Landkreis selbst hat direkten Einblick in die Finanzierung der Lokalen Aktionsgruppe Rhön-Grabfeld, die selbst ein Budget von 1,65 Millionen Euro in der aktuellen Förderperiode verwaltet", berichtete der ehemalige Europaminister.

Die aktuelle Situation und die Zukunftsperspektiven der Europäischen Institutionen beleuchtete Dr. Reinhard Schaupp in seinem Vortrag. Nach Meinung vieler Zuhörer haben Hinterzimmerdiplomatie, Nationenproporz und Postengeschacher der letzten Wochen der EU nicht gerade genutzt. Schaupp betonte, dass nach dem Lissabonner Vertrag von 2009 der Europäische Rat, bestehend aus den Regierungschefs der Mitgliedsstaaten, das Recht hat mit einer "verstärkten qualifizierten Mehrheit", bestehend aus 72 Prozent der Ratsmitglieder die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren müssen, Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten vorzuschlagen. Dabei müssen sie laut Artikel 17, Absatz 7 das Ergebnis der Europawahlen berücksichtigen. Darüber was das bedeutet wurde und wird gestritten.

"Schwierig", sieht Schaupp Prognosen, wie sich die Europäische Union nach dem Brexit weiterentwickeln wird. Er befürchtet, dass nationale Egoismen wieder stärker ausgelebt werden, wenn die "Anti-Brexit-Solidarität als bindende Klammer wegfällt". "Wenn es eines Tages die Vereinigten Staaten von Europa geben sollte, dann wären es immer noch andere als die USA", meinte Reinhard Schaupp. her