Gremsdorf — Noch vor ihrem Vortrag im Forum der Barmherzigen Brüder in Gremsdorf nahm sich die Chef-Reporterin für RTL, Antonia Rados, Zeit für ein exklusives Interview mit dem Frä...
Gremsdorf — Noch vor ihrem Vortrag im Forum der Barmherzigen Brüder in Gremsdorf nahm sich die Chef-Reporterin für RTL, Antonia Rados, Zeit für ein exklusives Interview mit dem Fränkischen Tag.
Der Titel Ihres Vortrags "Abenddämmerung im Morgenland?" ist ein Wortspiel. Nur ein Wortspiel - oder schwingen Assoziationen wie "unbekannt, geheimnisvoll, märchenhaft" mit?
Der Titel stammt von der Bank. "Morgenland" ist für mich poetisch. Vor einer Woche aber habe ich in einer Art islamischer Heilslehre gelesen: "Wenn die Welt untergehen wird, geht die Sonne im Westen auf."
Gab es Situationen während Ihrer Berichterstattung, in denen Sie Angst um Ihr Leben hatten?
Ja, es gab zu viele: Selbstmordattentate, der Beschuss des Hotels, Entführungsversuche, Bombenangriffe in Aleppo. Das Risiko ist nie ganz zu kalkulieren.
Es lässt sich nicht vermeiden, dass man in Gefahr kommt.
Ist es als Kriegsreporterin ein Nachteil, eine Frau zu sein?
Es ist immer ein Nachteil im Beruf, eine Frau zu sein. Krieg ist eine Männerwelt. Da ist es sehr schwierig, eine Frau zu bleiben, in diesem rohen, harten, brutalen Klima. Weinen ist verboten. Komme ich zurück, ziehe ich gerne ein Kleid an, nur um festzustellen, dass ich eine Frau bin.
Ist dieser Beruf mit dem Privatleben vereinbar?
Im Gegenteil, ohne Privatleben ist ein Kriegsreporter arm dran. Erholung, die braucht man. Ich finde sie am meisten beim Kochen.
Wie gelingt die Verständigung über Kulturen und Sprachen hinweg?
Ich muss als Reporterin auf die Leute zugehen. Man glaubt nicht, wie viele nette und offene Menschen man treffen kann. Oft übernachten wir bei völlig Unbekannten, die uns aufnehmen. Man darf nicht übersehen: Das Morgenland ist das Land der Gastfreundschaft.
Aber es war schon lange nicht so, dass sich Westen und Naher Osten so misstraut haben wie jetzt.
Können Sie sich im Moment vorstellen, irgendwann auf die Berichterstattung zu verzichten und gemütlich auf der Gartenbank zu sitzen?
Nein. Auf die Berichterstattung verzichten, das ja, Gartenbank eher nein. Dann werde ich etwas anderes tun.
Ist bei all den Nahostkonflikten Ihrer Meinung nach ein dauerhafter Friede dort vorstellbar?
Nicht im Augenblick, nicht in den kommenden zehn Jahren. Ich sehe schwarz für eine politische Lösung. Es wird noch kriegerischer werden. Es werden noch mehr Flüchtlingsströme nach Europa kommen, weil wir in einer Zeit des riesigen Umbruchs im Nahen Osten leben. Die alte Stabilität - unter den alten Diktatoren - kommt nicht wieder. Alle Karten werden jetzt neu gemischt. Europa muss sich neue Verbündete suchen, damit die dort dieses Chaos zumindest begrenzen.
Die alten Verbündeten brechen zusammen, wie zum Beispiel Saudi-Arabien. Neue Kräfte wie die Türkei und der Iran werden wichtige Rollen spielen. Wir, also Europa, müssen uns mit diesen verbünden.
Das Gespräch führte
Pauline Lindner