Es hapert beim Homeschooling
Autor: Richard Sänger
Großenseebach, Dienstag, 02. Juni 2020
Oft fehlen technisches Gerät oder genug Wohnraum, um den Nachwuchs digital sinnvoll zu unterrichten.
"Das Home- schooling ist ein komplexes Thema mit vielen Facetten, das nicht nur Großenseebach beschäftigt", erklärte Bürgermeister Jürgen Jäkel in der Sitzung des Schul-, Kindergarten- und Jugendausschusses zu den Herausforderungen für die Grundschule Großenseebach. Er habe viele Gespräche geführt und dabei von den Sorgen der Eltern, Kinder und der Schule erfahren. "Kinder und Eltern dürften in dieser schwierigen Situation eben nicht allein gelassen werden", so die einhellige Meinung von Bürgermeister Jäkel, Konrektorin Simone Hertlein sowie der Elternbeiratsvorsitzenden Anja Büchl.
Die plötzlichen Schulschließungen durch die Corona-Krise erweisen sich als Stresstest für die digitale Bildung: Plötzlich wird sehr deutlich, was tatsächlich funktioniert und was nicht. Vielfach hätten die Schüler zu Hause aber auch keine technischen Möglichkeiten, die Materialien online abzurufen.
Digitale Medien seien aus der heutigen Grundschule nicht mehr wegzudenken. Neben den Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen sprechen einige Autoren sogar von einer vierten Kulturtechnik. Deshalb sei die Stärkung der Medienkompetenz in der Grundschule unbedingt notwendig.
Die neuen Medien sollen zu selbstverständlichen Werkzeugen im Unterricht werden. Die Kinder sollen im Umgang mit ihnen lernen, sie als wichtige Informationsmedien zu kennen und sinnvoll zu nutzen. "Das übergeordnete Ziel ist die Erweiterung der Medienkompetenz unserer Schüler, bei der die alten und neuen Medien als gleichberechtigt nebeneinander erkannt werden. Da sich die Lebenswelt der Schüler zunehmend verändert, muss die Schule ihren Erziehungsauftrag ernst nehmen und die Kinder auf ihre digitale Zukunft vorbereiten", heißt es im Medienentwicklungskonzept Grundschule Großenseebach.
Dass bei der Digitalisierung der Schulen in Deutschland dringend Nachholbedarf besteht, darüber war man sich auch schon vor der Corona-Krise weitgehend einig. Für den "Digitalpakt Schule" wurde sogar eigens das Grundgesetz geändert, damit der Bund die Schulen finanziell unterstützen kann - obwohl Bildung eigentlich Ländersache ist. Der Digitalpakt sollte helfen, die Schulen endlich mit ausreichend moderner Technik auszustatten und die Digitalisierung der Bildung voranzubringen. Die Corona-Krise zeigt: Die Lücken und Schwächen im System sind noch gewaltig. Gleichzeitig könnte das auch eine große Chance sein. Ob die Erfahrungen der Homeschooling-Zeit die Entwicklungen voranbringen, ist aber noch offen.
Technik stößt an Grenzen
Gerade die Homeschooling-Erfahrungen in der Corona-Krise zeigen, wo die bestehende Technik an ihre Grenzen stößt, wenn sie denn vorhanden ist: Statt den Unterricht tatsächlich in eine digitale Umgebung zu verlagern, behelfen sich viele Lehrende damit, analoge Aufgabenblätter einzuscannen und per E-Mail an die Eltern und Schülerinnen und Schüler zu versenden.
Allerdings sei die deutsche Bürokratie dabei keine große Hilfe: Lehrer-E-Mail-Accounts und offizielle Schulclouds stoßen schnell an ihre Grenzen, wenn Lehrende versuchen, wirklich attraktive Lernangebote zu erarbeiten. Dabei sind sie seitens der Kultusministerien oft als einzige datenschutzkonforme Möglichkeiten benannt, um den Schulunterricht im Digitalen weiterzuführen.