Erst Schutz, dann Schmutz - Ärger mit Hygienemüll
Autor: Rainer Lutz
Coburg, Donnerstag, 23. April 2020
Sie meinen es ja wahrscheinlich gut, die Leute, die jetzt mit Einmalhandschuhen einkaufen gehen. Sie wollen sich nicht anstecken mit diesem Erreger, der gerade das Leben auf den Kopf stellt. Sie fürch...
Sie meinen es ja wahrscheinlich gut, die Leute, die jetzt mit Einmalhandschuhen einkaufen gehen. Sie wollen sich nicht anstecken mit diesem Erreger, der gerade das Leben auf den Kopf stellt. Sie fürchten sich, weil nicht aufgehört wird, ihnen Angst zu machen, und wollen sich schützen. Sollen sie ruhig. Aber noch viel mehr sollen sie ihre eklig vollgeschwitzten Gummihandschuhe ordentlich in einen Mülleimer und nicht auf den Parkplatz des Supermarktes werfen! Ausnahmen? Da gibt es aber eine Menge Ausnahmen. Diese Unsitte berichten uns Leser aus allen Ecken der Region - und wer einkaufen geht, kann es selbst beobachten. Eine ordentliche Entsorgung darf übrigens auch bei Masken erwartet werden, die nach Stunden auf Nase und Mund sicher einiges mehr enthalten, was niemand haben will, als nur Coronaerreger. Wenn jeder seinen Hygienemüll in der Gegend herumliegen lässt, wird es nicht viel werden mit der erhofften Eindämmung der Epidemie. Abgesehen davon ist es eine Zumutung für diejenigen, die den Dreck beseitigen müssen. Man kann über die verhängten Maßnahmen denken, wie man will. Und ja, einige sind kaum nachzuvollziehen und erkennbar unnötig oder übertrieben.
Aber wenn wir alle aus diesem Schlamassel wieder herauswollen, dann muss die Politik irgendwann ihr letztes bisschen Mut zusammennehmen und wagen, die Beschränkungen wieder aufzuheben. Herumschmuddeln ist da kein gutes Signal. Es signalisiert eher, dass es denen, die ihren Müll zur Zumutung für andere machen, nur um ihren Schutz geht, nicht um den der restlichen Gesellschaft. Von den Verantwortlichen in den Einkaufsmärkten hören wir, dass die Mehrheit der Kunden vernünftig ist und die Abfalleimer nützt, die in der Regel neben den Häuschen stehen, in denen die Einkaufswagen untergebracht sind. Einen Wagen zu nehmen, ist sinnvoll und meist ohnehin Pflicht. Masken werden demnächst beim Einkaufen Pflicht. Handschuhe nicht. Der Grund ist, dass die Dinger nach Meinung der Experten nicht helfen, die Verbreitung des Erregers zu verhindern. Ärzte und Pflegepersonal brauchen solche Handschuhe bei der Behandlung von Patienten. Beim Einkaufen brauchen wir sie nicht. Wer sich damit besser fühlt, okay - aber dann bitte so entsorgen, dass sie nicht zum Problem werden. Dauernd ist die Rede davon, dass wir nach dem extremen Vorgehen der Regierung, das eine Erkrankung an Covid-19 verhindern soll, in eine "andere Normalität" zurückkehren als die, aus der wir kommen. Das sollten wir nicht wollen - nicht nur, weil in dieser neuen Normalität womöglich weiter Leute mit ekligen Handschuhen um sich schmeißen. Wir sollten es nicht wollen, weil es nicht nötig ist.
Es ist nicht nötig, dass wir uns für immer von der Angst regieren lassen und die Schwelle für drastische Maßnahmen zum Schutz vor was auch immer stetig niedriger ansetzen. Denn am Ende muss uns klar sein, dass keine Regierung der Welt jedes Lebensrisiko für uns aus der Welt schaffen kann. Eine Regierung, die das behauptet, wäre sogar als gefährlich anzusehen.