"Erbsenzählen muss aufhören!"
Autor: Adriane Lochner
Ebersbach, Mittwoch, 13. Oktober 2021
Streit Ingeborg und Hermann Hugel kämpfen seit fast 20 Jahren um die Anerkennung ihrer Landwirtschaft in Ebersbach. Mehrere Klagen sind anhängig. Die Behörden zweifeln weiter an der Tragfähigkeit des Konzepts.
"Das Erbsenzählen muss aufhören!" Hermann Hugel ist es leid. Seit fast 20 Jahren kämpfen er und seine Frau Ingeborg um ihre Anerkennung als Landwirte. Nun fand erneut eine Begehung des Gehöfts bei Ebersbach in der Gemeinde Ködnitz durch Mitarbeiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Coburg-Kulmbach statt. Zwar waren sowohl Amtsmitarbeiter als auch das Ehepaar Hugel um einen sachlichen Umgangston bemüht, doch man spürte den Frust über die unendliche Geschichte.
Neuer Start nach der Insolvenz
Weiß man um die Hintergründe, kann man das auch verstehen. Denn eigentlich hatte das Ehepaar Hugel vor mehr als 20 Jahren Glück im Unglück. Die beiden bewirtschafteten den Röhrleinshof, den Herrmann Hugel von seinem Onkel gekauft hatte. Doch der Betrieb ging insolvent und die beiden verloren neben den Betriebsflächen auch ihr Wohnhaus.
In eine Stadtwohnung ziehen wollten sie nicht. Daher war die Freude groß, als ein befreundeter Landwirt ihnen sechs Hektar Grünland verkaufte, die sie vorher gepachtet hatten. Dass es gerade diese Flächen waren, hatte seinen Grund: Dort oben am Hang, etwas außerhalb der Ortschaft, standen bereits seit den 1980er Jahren zwei Gebäude: überdachte Heulager, die Hugel gebaut hatte, genehmigungsfrei als landwirtschaftliche Gebäude. Eines davon gestaltete sich das Ehepaar zur Hütte um. Sie legten einen Gemüsegarten an, einen Kartoffelacker, hielten Hühner und Schafe und versorgen sich so selbst. Ein Mitarbeiter des damaligen Landwirtschaftsamts riet ihnen zur Weidehaltung mit Pferden.
Den Rat nahmen sie sich zu Herzen, legten sich eigene Pferde zu und stellten gegen Bezahlung auch die von anderen Leuten mit ein. Derzeit sind es 14, Platz hätten sie für 20. Über die Direktvermarktung von Eiern, Kartoffeln, Gemüse, Obst und Honig, bauten sie sich ein zweites Standbein auf. Fast alles in Eigenleistung geschaffen.
Eigentlich wäre die "Direktvermarktung und Pferdepension Hugel" ein Erfolgskonzept, wäre da nicht die Bürokratie. "Wir sind nicht im wilden Westen, bei uns gibt es Vorschriften", sagte AELF-Betriebswirtin Annegret Weber bei der jüngsten Ortsbegehung. Gemeinsam mit Landwirtschaftsdirektor Klaus Schiffer-Weigand wurde sie vom Landratsamt beauftragt, ein Wirtschaftlichkeitsgutachten erstellen. Denn es muss entschieden werden, ob das Ehepaar Hugel den Betrieb, den es nun seit mehr als 20 Jahren führt, überhaupt gründen darf. Landwirtschaftliche Betriebe haben laut Baugesetzbuch das Privileg, im Außenbereich von Ortschaften zu bauen. Die Hütte, in der die Hugels wohnten, wurde 2010 wegen fehlender Baugenehmigung abgerissen. Jetzt leben die beiden in einem umgebauten Viehhänger, einem selbst gezimmerten Tiny House.