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Einwanderer mit der Zorro-Maske


Autor: Redaktion

Stadtsteinach, Dienstag, 20. August 2019

Der Waschbär macht sich im Kulmbacher Land breit. Der schwarz-graue Allesfresser kann zu einem richtigen Plagegeist werden.
Neuer Gast im Landkreis Kulmbach: der Waschbär. Otto Kreil erlegte dieses Exemplar Mitte Juni. Mit im Bild Jagdhund Eiko.  Foto: Privat.


Mit dem demografischen Faktor in Oberfranken ist das so eine Sache. Während weite Teile des Regierungsbezirks über einen Bevölkerungsrückgang klagen, ist in der Tierwelt ein gegenläufiger Trend erkennbar. Die Region wird bei Zuwanderern aus der Fauna immer beliebter.

Das gilt auch für das Kulmbacher Land. Vor wenigen Wochen gab es bei Kupferberg die erste Sichtung eines Wolfs. Jetzt klopft ein neuer Gast an: der Waschbär. Otto Kreil, der stellvertretende Kreisvorsitzende des Jagdschutz- und Jägerverbands Kulmbach, hat ein Exemplar des Allesfressers zur Strecke gebracht.

Ein Schuss aus der Büchse

Es war in der zweiten Juni-Woche, als Otto Kreil wie so oft auf die Pirsch ging. Er war unterwegs in der sogenannten Sausuhl, einem Gebiet zwischen Stadtsteinach und Vogtendorf. Dort schaute sich der Jäger nach Rehwild um, als es zum Zusammentreffen mit dem Waschbären kam. "Der war an einer Schwarzwild-Kirrung (Futterstelle) dran", erinnert sich der Vogtendorfer. Das hätte der Waschbär lieber bleiben lassen sollen, denn damit war es um ihn geschehen: Ein Schuss aus der Büchse beendete sein Leben.

Damit ist klar, dass der Waschbär nun auch im Frankenwald heimisch ist. Auch auf Aufnahmen aus Wildkameras ist das Tier schon zu sehen gewesen.

Die Freude über den neuen Gast in unseren Gebilden hält sich in Grenzen. Der schwarz- graue Geselle schaut mit seiner Zorro-Maske und dem buschigen Schwanz zwar sehr possierlich aus, kann aber im ökologischen Gefüge merkliche Schäden anrichten. Nichts ist sicher vor dem Allesfresser. Er verzehrt Früchte ebenso gerne wie Beeren, Eicheln oder Nüsse.

Der vegetarische Anteil seiner Nahrung ist unkritisch, seine anderen Leibspeisen sind es nicht: Procyon lotor, so der lateinische Name, macht sich über Bodenbrüter ebenso gerne her wie über Vogelnester in Bäumen und Büschen. Auch Fische aus Flüssen und Teichanlagen verschmäht er nicht.

Kein Grund zur Panik

So wird er zur Gefahr für Wiesenbrüter und Greifvögel, aber auch für Amphibien und Fische. Otto Kreil allerdings glaubt nicht daran, dass durch den neuen Gast das gesamte ökologische Gefüge ins Wanken kommt, und mahnt zur Besonnenheit. Zur Panik bestehe keinerlei Grund.

Recht nervtötend kann die Gegenwart des neuen Gastes für den Menschen werden: Er plündert Mülleimer und sorgt für Schäden an Häusern, in denen er gerne Quartier macht. Der Klettermaxe nistet sich in Dächern ein, indem er Ziegel abhebt. Und wenn ein Waschbär da ist, folgen ihm zumeist auch andere. Denn das Tier ist bekannt dafür, dass er andere Artgenossen nachholt.

Vor allem männliche Jungtiere leben gerne in Gruppen von bis zu fünf Exemplaren.

Von den bis zu 70 Zentimeter langen Tieren scheint es in den Nachbar-Landkreisen schon etliche zu geben. So hat man im Bamberger Raum im vergangenen Jahr 14 Waschbären erlegt, und auch im Lichtenfelser Gebiet ist der Zuwanderer aktiv.

Eine noch deutlichere Sprache sprechen die bundesdeutschen Zahlen 172 549 Tiere fanden sich im Jagdjahr 2017/2018 in der bundesweiten Jagdstrecke. Und die Tendenz ist steigend. Da der Waschbär keine natürlichen Feinde hat, steht der Ausweitung der Population nichts im Wege. In Bayern stieg die Zahl der erlegten Exemplare von 1892 auf 2725 an. Im Jagd-Jahr 2004/2005 waren es noch 335.

In Hessen eine Landplage

Dabei ist der Waschbär kein heimischer Geselle. Er stammt aus Nord-Amerika und soll angeblich auf Weisung des damaligen Reichsjägermeisters Hermann Göring in den 30er Jahren in Nordhessen ausgesetzt worden sein - um der Fellgewinnung zu dienen. Dort gibt es große Populationen, die zum Teil schon als Landplage angesehen werden.

Bei in Deutschland stationierten amerikanischen Soldaten soll das Tier auch sehr beliebt gewesen sein. Nach ihrem Abzug könnten die GIs Waschbären ausgesetzt haben, die sich ungestört vermehr haben.

Welchen langfristigen Auswirkungen die neuen Siedler in unseren Gefilden bewirken, ist noch nicht klar. Die Jäger wollen die Entwicklung abwarten und verweisen darauf, dass der Waschbär sicher nicht der einzige Zuwanderer bleiben wird.

Marderhund im Anmarsch

Es deutet sich schon jetzt an, dass sich der Marderhund hier häuslich niederlassen wird. Er stammt aus dem asiatischen Raum und wandert aus den osteuropäischen Ländern zu uns ein. Auch dieses Tier wird den Druck auf das ökologische Gefüge vergrößern, denn sein Speiseplan ähnelt dem des Waschbären.