Eintrag Nr. 19
Autor: Markus Häggberg
Lichtenfels, Freitag, 05. Juni 2020
46-jähriger Gewalttäter muss 21 Monate hinter Gitter.
Der Mann, den Rechtsanwalt Peter Christ zu verteidigen hatte, genießt bei Gericht "schon eine gewisse Prominenz". Ein Ausdruck, der irgendwann am Freitag während des Verfahrens gegen den 46-jährigen Lichtenfelser fiel. In der Tat: 18 Einträge hält das Bundeszentralregister über den Mittvierziger bereit, es wurden Freiheitsstrafen ausgesprochen und angetreten. Doch auch trotz Hafterfahrung landete der Korbstädter erneut vor Gericht.
Nun verlas Staatsanwalt Harun Schütz gleich fünf Anklagen, von vorsätzlicher Körperverletzung bis Beleidigung, von Diebstahl bis Sachbeschädigung.
Der Herbst 2019 war ein bewegter für den Facharbeiter, der derzeit ohne Anstellung ist. Er hat allerdings auch selbst bewegt. Davon sprach die Anklage zum 16. November. Gegen 0.30 Uhr habe er in Lichtenfels einen Mann aufgesucht, dem er dann eine Fraktur an der Nase sowie eine Hörminderung beibrachte. Gleich vier Zeugen inklusive des 23-jährigen Opfers bestätigten diesen Vorfall im Weitesten, doch Staatsanwalt Schütz sollte für eine Weile noch einen Schritt weitergehen und vermuten, dass hinter der Gewalttat auch ein Drogengeschäft gesteckt haben mochte. Später sollte davon Abstand genommen werden.
Immerhin gab es auch vollkommen unzweifelhafte Sachlagen. Da wäre zum Beispiel am 30. November kurz vor Ladenschluss ein Diebstahl in einem heimischen Supermarkt, bei dem das Diebesgut den Wert von 35 Euro betrug. Erschwerend an dem Umstand war aber, dass der Dieb auch noch ein Messer mit einer Klingenlänge von 8,5 cm in einer Tasche bei sich trug. So etwas bringt einen derartigen Vorfall in die Nähe des Raubverdachts.
"Was war da los?", erkundigte sich Richterin Daniela Jensch bei dem Angeklagten. Ihr gegenüber äußerte sich der 46-Jährige in ruhigem Ton und gestand, dass er "eigentlich Geld dabei gehabt habe" bei seinem Diebstahl und dass er lediglich darauf vergessen habe, dass sich die Waren in seinem Rucksack befanden.
Auch zu dem Vorfall vom 16. November äußerte sich der Angeklagte sortiert genug: "Ich war besoffen (...) passiert, nä?" Doch gegenüber dem Opfer trat er weniger respektvoll auf und sorgte für unangebrachte Zwischenfragen. "Warum bist du respektlos?", ereiferte er sich zu einer Aussage des Opfers. Bei dieser Gelegenheit gab er zu, dass er geschlagen hatte. Er nannte auch eine Zahl, und geht man davon aus, dass sie stimmt, so brach er dem 23-Jährigen wegen noch 20 ihm geschuldeter Euro die Nase.
Wirklich ausfällig wurde er, als der Tatkomplex vom 9. Januar 2020 aufs Tapet kam. Damals soll er auf dem Gelände der Bahn in Lichtenfels drei Mädchen gefragt haben, ob er Fotos von ihnen knipsen kann. Nach Aussage des Angeklagten seien diese Mädchen auf ihn zugekommen, nach Aussage des Mannes, der von ihm geschlagen wurde, war dem nicht so. Im Zeugenstand erinnerte sich der 60-jährige Bahnmitarbeiter daran, dass sich die Mädchen um Hilfe nachsuchend an ihn gewandt hätten, weil der Angeklagte sie bedrängt habe. Die Fotos, um die es ihm gegangen sei, wären eher frivoler Natur gewesen. Als er das so zu schildern begann, fuhr ihn der Angeklagte an: "Ich drehe mich um und dieser alte Wichser steht da", so der Mann, auf den sein Anwalt dann mäßigend einsprach. "Ist doch so!", bekräftigte aber sein Mandant und hielt fest, wonach er von den Mädchen um Zigaretten angesprochen worden sei und wonach er den Bahnmitarbeiter "mit keinem Finger berührt" habe.