Druckartikel: Einsicht hilft nicht den Opfern

Einsicht hilft nicht den Opfern


Autor: Michael Busch

Erlangen, Donnerstag, 28. März 2019

Der 48-jährige Erlanger hatte über 600 Bilder und fast 40 Videos mit kinderpornografischem Material auf seinem Computer. Was den Mann dazu antrieb, wurde vor Gericht nicht erörtert, aber anerkannt, dass er das Problem erkannt hat.
Es wird den Nutzern einfach gemacht: Mit wenigen Clicks kommt der Suchende auf entsprechende Seiten. Dazu braucht es kein "Darknet".  Foto: Michael Busch


Michael Busch 623 Bilder mit Kindern. 39 Videos. Jedes Bild, ob stillstehend oder bewegt, ist der Beleg eines menschlichen Dramas. Denn die Kinder sind nicht irgendwo an einem Strand Burgen bauend, im Freizeitpark eine Achterbahn fahrend oder gar in einer trauten familiären Umgebung. Sie sind in Strapsen abgebildet, mit Leopardenunterhose oder gänzlich nackt. Sie sind alleine posierend, aber auch in eindeutigen Stellungen mit anderen Kindern oder Erwachsenen zu sehen.

Der 48-jährige Maler und Lackierer sitzt geknickt am Erlanger Amtsgericht vor dem Richter Hagen Förster. Er hatte das Plädoyer der Staatsanwältin gehört. Ein Jahr und sechs Monate Gefängnis soll die Strafe lauten, über die das Gericht zu entscheiden hat. Eine relativ niedrige Strafe, wie der Richter in seiner Urteilsbegründung ausführt. Und noch dazu zur Bewährung ausgesetzt. Denn allein bei der Verbreitung von kinderpornografischen Schriften werde der einzelne Fall bereits mit einer Mindeststrafe von drei Monaten belegt. Bei dem Angeklagten waren es zehn Fälle, die vor Gericht angeführt wurden. Dazu der Besitz der Bilder auf dem Rechner des Angeklagten Mannes.

Umfassendes Geständnis

Allein die Ausführungen der Staatsanwältin bei der Verlesung der Anklage zum Start der Verhandlung hatten nochmals eindrücklich dargelegt, um welches Thema es am Gericht gehen werde. Schamlippen von sichtlich erkennbaren Mädchen im Kindesalter, reißerische Posen, die letztlich jegliche Menschenwürde der Kinder verleugnen.

Der geschiedene Mann lässt seine Erklärung zur Anklage durch seinen Pflichtverteidiger verlesen. "Mein Mandant räumt die Vorwürfe vollumfänglich ein", führt dieser aus. Er habe sein Fehlverhalten bereits erkannt, als er sich noch die Bilder besorgte, "allerdings wusste er nicht, wie er dagegen vorgehen könne". Nach der Anzeige und den Ermittlungen wurde er bei der Stadtmission Nürnberg fündig. Da diese aber "nur" verurteilte Straftäter in diesem Deliktbereich behandelt, wurde er an eine entsprechende psychologische Betreuung vermittelt.

Der Bericht des Psychologen wurde in Auszügen in der Sitzung vorgetragen. Der schreibt, dass der Erlanger alle Termine einhalte. "Er ist offen und einsichtig. Er versucht nichts zu verharmlosen und ist an der Aufarbeitung interessiert." Der Psychologe kann eine positive Prognose stellen.

Dem schloss sich die Staatsanwältin bei ihrem Plädoyer an. "Er hat sich das Problem sofort zu Herzen genommen und ist interessiert an einer Lösung", führte sie aus, bevor sie als Strafmaß ein Jahr und sechs Monate, die allerdings auf Bewährung ausgesetzt werden könnten, in den Raum stellte.

Umstände berücksichtigen

Dem schloss sich der Vertreter des Angeklagten an. "Er ist ganz froh, erwischt worden zu sein. Im Grunde war es das Sprungbrett zum Absprung." Und weiter: "So falsch er sich vor der Tat verhalten hat, so richtig hat er sich danach verhalten." Die Dauer des Gefängnisaufenthaltes stellte er in die Entscheidung des Gerichtes, das aber berücksichtigen sollte, dass er in einer festen Beziehung stehe, in Lohn und Brot ist und eben auch eine günstige Sozialprognose besitze.

Richter Hagen Förster entsprach den Vorstellungen der Staatsvertreterin. Drei Jahre Bewährung, 1700 Euro Geldauflage an den Weißen Ring. Förster erklärte in der Urteilsbegründung, dass er tatsächlich den Willen des Angeklagten sehe, solch eine Straftat nicht mehr vollziehen zu wollen.

Auf dem Prüfstand

"Aber es ist eine Sucht und da kann man eben nicht ganz sicher sein", sagt Förster. Das Wissen darum, dass der Mann aber bei der kleinsten Verfehlung die Haft anzutreten hat, sei aus Sicht des Richters wichtig. "Ein Rückfall heißt: extreme Probleme für Sie." Gerade weil es ein Grundrisiko gebe.

Das Urteil ist bereits rechtskräftig.