Einmal kassierte der Langfinger sogar Finderlohn
Autor: Stephan-Herbert Fuchs
Kulmbach, Mittwoch, 05. August 2015
von unserem Mitarbeiter Stephan Herbert Fuchs Kulmbach — Obwohl er erst im Juni zu 100 Arbeitsstunden verurteilt worden war, kam ein 20-jährigen Mann aus dem westlichen Landkreis ...
von unserem Mitarbeiter
Stephan Herbert Fuchs
Kulmbach — Obwohl er erst im Juni zu 100 Arbeitsstunden verurteilt worden war, kam ein 20-jährigen Mann aus dem westlichen Landkreis am Mittwoch vor dem Amtsgericht in Kulmbach noch einmal mit unentgeltlichen und gemeinnützigen Arbeitsstunden davon. Unter Einbeziehung des Ersturteils entschied das Schöffengericht unter Vorsitz von Christoph Berner diesmal auf 150 Stunden.
Während dem ersten Urteil eine umfangreiche Diebstahlserie zu Grunde lag, ging es diesmal um den Handel, den Erwerb und die Abgabe von Drogen.
Angeblich soll es die Hausdurchsuchung gewesen sein, die den jungen arbeitslosen Mann zum Umdenken gebracht hat.
Wenn die Beamten dabei auch nur eine digitale Feinwaage und das Handy des Angeklagten sicherstellen konnten, so kam im Zuge der Ermittlungen doch eine komplette Straftatenserie ans Licht.
Von Hasch bis Ecstasy
13 Einzelfälle waren es, die Staatsanwältin Katharina Roggenbrodt auflistete. Darunter ein schwungvoller Handel mit Haschisch und Marihuana, mit dem stimulierenden Medikament Ritalin, das den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften unterliegt, und zuletzt auch mit höchstgefährlichen Ecstasy-Tabletten.
Einen Teil der Drogen konsumierte der Angeklagte selbst, den Rest verkaufte er mit einem für die Szene relativ geringen Aufschlag.
Umschlagsplätze für das Rauschgift waren unter anderem der Bahnhof in Neuenmarkt, das berufliche Schulzentrum in Ahornberg sowie die Autobahnraststätte Schnaittach.
An einer Berufsschule in Nürnberg sei er Anfang 2013 an die falschen Freunde geraten, sagte der Angeklagte. Zeitweise sei es eine richtige Drogenclique gewesen. Was er denn an Haschisch gut finde, wollte Richter Berner wissen. "Es beruhigt, und man hat keine Sorgen mehr", so der Angeklagte, der allerdings auch zugeben musste, dass schon nach knapp einer Stunde die Wirkung vorbei ist und die Sorgen zurückkehren.
Sorgen beispielsweise, die das Urteil vom Juni dieses Jahres betreffen. Aus meist unverschlossenen Fahrzeugen hatte der Angeklagte mit anderen Mobiltelefone, Laptops und Navigationsgeräte im Gesamtwert von mehreren tausend Euro entwendet und war deshalb wegen Diebstahls und Betrugs zu den hundert Arbeitsstunden verurteilt worden.
Dreistes Vorgehen
Besonders dreist war der 20-Jährige dabei in einem Fall vorgegangen. Aus dem Wagen einer jungen Frau, der am Parkplatz des Tanzcenters in Schwingen stand, hatte er ein Smart-Phone geklaut. Als die Frau auf der Facebook-Seite des Tanzcenters 50 Euro Finderlohn in Aussicht stellte, meldete sich der Angeklagte tatsächlich als ehrlicher Finder und kassierte das Geld.
Zwar sprach er einmal mit der Suchtberatung der Diakonie in Bayreuth, doch scheinbar schaffte es der Angeklagte wirklich aus eigener Kraft, von den Drogen loszukommen. "Es waren verlorene Jahre", sagt er heute, zumal er auch eine Ausbildung abgebrochen hatte.
Staatsanwältin Roggenbrodt beantragte auf Basis des Jugendstrafrechts 170 Arbeitsstunden, Verteidiger Karsten Schieseck aus Bayreuth plädierte auf eine moderate Erhöhung der 100 Stunden aus dem ersten Urteil, von denen der Angeklagte schon 35 in einer Kulmbacher Einrichtung abgeleistet hatte. Das Gericht entschied schließlich auf 150 Stunden.
Der Angeklagte habe sich von Drogen distanziert und ein vollumfängliches Geständnis abgelegt, so der Richter.