Einheit gelang auch musikalisch
Autor: Karin Günther
Ottowind, Sonntag, 10. November 2019
Ost- und Westchöre feierten in Ottowind 30 Jahre friedliche Revolution.
Die Turnhalle in Ottowind war beim Chorkonzert "30 Jahre Wiedervereinigung" voll besetzt. Sieben Chöre gestalteten mit unterschiedlichen Liedbeiträgen den mehrstündigen Abend. Es wurde nicht nur gesungen, sondern es waren auch nachdenkliche Worte von Bürgermeister Bernd Höfer zu hören.
Das nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze gelegene Dorf Ahlstadt mit dem Sängerkranz hat gleich nach der Öffnung Kontakt zu den Dörfern in Thüringen aufgenommen. Daraus entstand ein sehr freundschaftliches Verhältnis und gegenseitige Besuche waren die Folge. Im fünfjährlichen Rhythmus finden in der Ahlstadter Kirche Liederabende aus Anlass der Grenzöffnung statt. Zum 30. Jahrestag der friedlichen Revolution entschied sich der Vorstand, ein umfangreiches Programm mit Gastvereinen von "hüben und drüben" anzubieten. Zusammen mit dem Gesangverein Ottowind wurde der abwechslungsreiche Abend gestaltet.
Die Gesangvereine und Gäste begrüßte Vorsitzender Egon Weibelzahl vom Sängerkranz Ahlstadt. Das Konzert begann mit dem "Ahlstadt-Lied", verfasst vom langjährigen Chorleiter Joachim Müller. Sein Nachfolger Hans Pfeifer vom thüringischen Schackendorf übernahm den Männergesangverein vor 15 Jahren und integrierte Frauen mit in den Chor, so dass ein gemischter Chor auftrat.
Im Namen der Gemeinde Meeder begrüßte Bürgermeister Bernd Höfer die Sänger und Sängerinnen sowie die Gäste. Natürlich sprach Höfer über die Öffnung des Grenzübergangs Eisfeld am 10. November 1989 und nahm dies zum Anlass, seine persönliche Stimmungslage vor 30 Jahren bei einem Ausflug zum "Eisfelder Blick" kundzutun. Sein Wohnort Ottowind liege nur vier Kilometer von der Grenze entfernt, sagte Höfer. Er habe es damals nicht verstehen können, warum Grenzsoldaten mit Ferngläsern die Besucher "drüben" auf Schritt und Tritt beäugten. "Der Gang zum Eisfelder Blick gehörte zum Leben dazu und man gewöhnte sich daran", waren seine Worte. Sein erster Besuch mit dem Omnibus in Thüringen sei 1983 zusammen mit dem Gesangverein gewesen, erzählte Höfer. Das strenge Reiseprogramm nach Suhl, Schleusingen und Waffenroth sei bei der Einreise auch von den Grenzern geprägt gewesen. Höfer: "Jeglicher Kontakt mit den ,anderen‘ Menschen war zu unterbinden." Am 10. November 1989 habe er als junger Mann wieder am Eisfelder Grenzübergang gestanden und habe die Tausende Menschen mit ihren Trabis oder Wartburgs oder zu Fuß jubelnd "rüberkommen" gesehen. Höfer: "Es war ein unbeschreibliches Ereignis."
Den Zaun nicht verstanden
Zwischenzeitlich habe er auch die Geschichten der anderen Seite des Grenzzauns von Gleichaltrigen, von Freunden und Kollegen sowie der eigenen Verwandtschaft kennengelernt. Die Geschichten hätten sich geähnelt, man habe nicht verstanden, was damals der Zaun eigentlich sollte. Was er sich als Kind gewünscht und nicht für möglich gehalten habe, sei in Erfüllung gegangen. 30 Jahren seien nun vergangen, das menschenverachtende Ein- und Aussperren sei friedlich begraben worden - "und das ist wunderbar".
Den Grußworten schloss sich der Bürgermeister von Eisfeld, Sven Gregor, an. Sein erster Besuch 1989 habe der Veste Coburg gegolten, denn man könne sie von Eisfeld aus sehen. Gregor sprach das gute nachbarschaftliche Verhältnis zwischen Meeder und Eisfeld an. Gemeinderatsmitglied Heiko Schwesinger aus dem thüringischen Veilsdorf, zugleich Vorsitzender des Gesangvereins Schackendorf, dankte ebenfalls für die friedliche Revolution vor 30 Jahren.