Druckartikel: Eine Woche voller Brauchtum

Eine Woche voller Brauchtum


Autor: Manfred Welker

Herzogenaurach, Mittwoch, 23. März 2016

Ostern ist das wichtigste Fest der Christenheit. Vor allem im späten Mittelalter pflegten die Gläubigen auch in Herzogenaurach an den Kartagen viele Traditionen.
An der Kartagen wurde der Altar verhüllt. Fotos: Manfred Welker


Eine besondere Gewichtung erfuhren die Kartage im späten Mittelalter. Der Herzogenauracher Historiker Luitpold Maier hat aus den Gotteshausrechnungen die Vorgänge um diese besonderen Tage erschlossen.
Am Gründonnerstag wusch man die Altäre in der Stadtpfarrkirche mit Wein, wofür 1479 ein Maß Wein benötigt wurde. 1693 verwandte man ein halbes Pfund gezogenes Wachs zum Reinigen der Altäre.
Auch ein Hungertuch gab es schon in der frühen Neuzeit. Was daraus zu erschließen ist, dass 1584 Hans Schwam und einem Seiler für Stangen und Schnüre 1 Pfund und 6 Pfennig zum Anbringen des Hungertuchs gegeben wurden. Dieses Fastentuch hing während der Fastenzeit als Erinnerung an den Tempelvorhang in Jerusalem zur Verhüllung des Kreuzes vor dem Altar. In den Rechnungen verzeichnet finden sich 1679 2 Gulden, 5 Pfund und 1 Pfennig für 19 Ellen blauen Scholler. Aus diesem Tuch fertigte man Vorhänge für die Orgel sowie acht kleine Futterale zur Verhüllung der Kruzifixe in der Kar- und Marterwoche an.
Es gab in der Stadtpfarrkirche von Herzogenaurach auch ein Heiliges Grab, das 1481 ein Schreiner anfertigte. Für eine neue Farbfassung der Engel und des Heiligen Grabes wurde im Jahr 1598 Gilg Müller bezahlt. Die Schüler, die im Jahr 1643 am Heiligen Grab gesungen hatten, wurden mit 17 Pfennigen belohnt.
Da Herzogenaurach bis 1810 kirchlich zu Würzburg gehörte, wurden am Gründonnerstag die Heiligen Öle (Chrisam, Katechumenenöl und Krankenöl) dort geholt. 1483 erhielt ein Bote, der direkt nach Würzburg ging, 24 Pfennige bezahlt. Später wurde ein eigenes Verteilernetz aufgebaut. Die Heiligen Öle wurden an die sogenannten Landkapitel gesandt, im Fall von Herzogenaurach war dies damals Langenzenn. Der Bote holte sie dann dort ab, wofür er beispielsweise im Jahr 1508 mit 15 Pfennigen entlohnt wurde. Da Langenzenn im Zuge der Reformation evangelisch wurde, bezogen die Herzogenauracher die Heiligen Öle ab 1536 wieder direkt aus Würzburg und gaben sie etwa an Büchenbach weiter.


Barfuß bei der Prozession

Während des 30-jährigen Krieges war es derart geregelt, dass die Verantwortlichen einer größeren Pfarrei eines Dekanats vom Bischofssitz für mehrere Pfarreien die Öle abholten und sie an die entfernter gelegenen weiterverteilten; 1622 war dies Höchstadt, 1629 Schlüsselfeld. Von Herzogenaurach erhielten dann die Pfarreien in Büchenbach und Hannberg ihren Bedarf übersandt. 1640 war Bamberg und von 1650 bis 1666 Marktscheinfeld Anlaufort für die Herzogenauracher, ab 1667 wieder Schlüsselfeld.
Der Gründonnerstag wurde auch "Antlasstag" genannt, was Luitpold Maier dahingehend deutete, dass an diesem Tag die freigesprochen wurden, die mit einem Kirchenbann belegt waren. Sie liefen dann am Karfreitag bei der Karfreitagsprozession barfuß und in grobes Tuch gehüllt mit. Die Karfreitagsprozession in Herzogenaurach wurde von Pfarrer Johann Georg Ruppert im Jahr 1663 ins Leben gerufen. Mit der Säkularisation ging sie um 1800 allerdings dem Verfall entgegen.
Als Ersatz für das Glockengeläute diente während der Kartage der Dilltapen, auch Judastafel und Klöpper oder Rumpelkarren genannt. Durch das Drehen des Rades wurden Speichen oder Latten in Bewegung gebracht und verursachten einen großen Lärm. Ein neuer Karren wurde 1660 durch den Wagner Hans Heid (Heydt) hergestellt und von dem Schmied Hans Eschenloher mit Eisen beschlagen. In der heutigen Zeit werden von den Ministranten allerdings handlichere Exemplare durch die Stadt getragen, um an die Gebetszeiten zu erinnern.