Druckartikel: Eine Schmierinfektion schließen Experten fast vollständig aus

Eine Schmierinfektion schließen Experten fast vollständig aus


Autor: Günter Flegel

Kronach, Dienstag, 31. März 2020

Fünter flegel Mundschutz, Handschuhe, Desinfektionsmittel: Viele Menschen trauen sich gar nicht mehr aus dem Haus, und wenn, dann am liebsten mit Schutzausrüstung, so weit verfügbar. Die Angst ist gro...


Fünter flegel Mundschutz, Handschuhe, Desinfektionsmittel: Viele Menschen trauen sich gar nicht mehr aus dem Haus, und wenn, dann am liebsten mit Schutzausrüstung, so weit verfügbar. Die Angst ist groß, dass man sich überall mit dem Corona-Virus anstecken kann. Selbst die Einkäufe aus dem Supermarkt könnten verdächtig sein. Wer hat die Sachen vorher angefasst? Hat sie jemand am Ende gar angehustet?

In den letzten Tagen gab es Meldungen, die diese Art von Corona-Angst noch anheizen dürften. In mehreren Fällen hat die Polizei Strafanzeige wegen versuchter Körperverletzung erstattet, weil Personen, aus welchen Motiven heraus auch immer, Geldautomaten oder ähnliche Gegenstände, die von vielen Menschen benutzt werden, mit Speichel benetzt haben, um Viren zu verbreiten. Das ist noch nicht mal ein schlechter Scherz.

Ebenfalls beunruhigend wirken die Ergebnisse einer Studie aus den Vereinigten Staaten, wonach Corona-Viren auf bestimmten Oberflächen, zum Beispiel auf dem Edelstahl von Türklinken, 24 oder sogar 72 Stunden überleben können.

Aufnahme der Viren über die Luft

Wie seriös sind solche Aussagen? Der Chef-Virologe an der Berliner Charite, Christian Drosten, warnt davor, klinische Studien im Hinblick auf die Realität des Alltags zu überschätzen: "Es ist durchaus denkbar, dass man im Labor solche Ergebnisse erzielt, wenn man mit vielen Viren und großen Flüssigkeitstopfen auf Oberflächen arbeitet. Das kommt aber so im Alltag praktisch nicht vor."

Drosten und auch die Experten des Robert-Koch-Instituts wissen aus der Analyse der aktuellen Pandemie, dass die allermeisten Ansteckungen mit dem Corona-Virus durch eine Tröpfcheninfektion erfolgen: Infizierte Personen niesen oder husten, dabei verbreiten sie eine "Wolke" feinster Tröpfchen, in denen sich Viren befinden.

"Theoretisch ist es denkbar, dass jemand auf eine Oberfläche niest und dabei Viren verbreitet. Wenn dann jemand kurz darauf diese Oberfläche berührt und sich mit der Hand ins Gesicht langt, ist eine Übertragung vorstellbar", erklärt Drosten. Diese sogenannte Schmierinfektion spielt in der aktuellen Corona-Krise nach seinen Worten aber eine verschwindend geringe Rolle. "Der Anteil der Schmierinfektionen geht gegen null." Für unverdächtig hält der Experte auch das Bargeld, wenngleich das durch viele Hände wandert. Auch auf Münzen oder Scheinen sei die Zahl der Viren, wenn überhaupt vorhanden, verschwindend gering.

Außerhalb des Körpers, ohne die Wirtszellen, sind Corona-Viren nicht lange stabil. Die Erreger werden durch eine dünne Fettschicht gegen Umwelteinflüsse und Austrocknung geschützt. UV-Licht (Sonne) und Wärme zerstören diese Schicht und damit das Virus. "Auch unsere Haut schützt sich sehr effektiv gegen Viren. Die Hautoberfläche ist ein saures Milieu. Gift für Viren", erklärt der Fachmann in Berlin.

Deshalb wirkt die Haut sogar besser als ein Schutzhandschuh: Wenn man mit dem Finger infizierte Oberflächen berührt und dann Kontakt mit Mund, Nase oder Augen hat, können Viren ebenso übertragen werden. Da eine Ansteckung über Alltagsgegenstände oder auch eingekaufte Waren äußerst unwahrscheinlich ist, macht eine Desinfektion etwa des Einkaufskorbes kaum Sinn - zumal es mit im Haushalt gebräuchlichen Mitteln gar nicht möglich wäre, potenziell vorhandene Krankheitserreger sicher zu töten.

Die Experten empfehlen die Einhaltung gängiger Hygiene-Regeln als Vorbeugung: Dazu gehören aktuell der Verzicht auf enge zwischenmenschliche Kontakte außerhalb der Familie, die Vermeidung von Hand-Gesicht-Berührungen und regelmäßiges Händewaschen. Denn auch Seife vertragen Viren gar nicht.