Eine Reise fürs Leben

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Der Campingbus hat bis auf ein paar Kratzer und einen verlorenen Spiegel die Tour gut überlebt. Florian Beudert (links) und Daniel Müller (rechts) reisten fünfeinhalb Monate durch Nordeuropa.
Der Campingbus hat bis auf ein paar Kratzer und einen verlorenen Spiegel die Tour gut überlebt. Florian Beudert (links) und Daniel Müller (rechts) reisten fünfeinhalb Monate durch Nordeuropa.
Foto: Heike Beudert
Die Karte zeigt: Die beiden Münnerstädter sind kreuz und quer durch Norwegen gereist.
Die Karte zeigt: Die beiden Münnerstädter sind kreuz und quer durch Norwegen gereist.
Foto: Florian Beudert

Daniel Müller und Florian Beudert tourten im Winter fünf Monate durch Skandinavien

17 500 Kilometer Fahrtkilometer haben Florian Beudert und Daniel Müller in den letzten fünfeinhalb Monaten auf ihrer Skandinavien-Winterreise zurückgelegt. Mehr als 550 Kilometer haben sie zu Fuß erwandert. Seit Mitte März sind die beiden wieder in Münnerstadt. Sie sind gesund geblieben und noch immer gefangen von den bleibenden Eindrücken. "Es war die richtige Entscheidung", sagen die beiden jungen Männer. Eigentlich hatten sie eine Weltreise geplant. Corona machte ihnen im Herbst 2020 einen Strich durch die schon lange geplante einjährige Rucksacktour. Weil aber diese Auszeit schon beruflich eingetaktet war, wollten sie ihre Pläne nicht komplett begraben. Ein selbst umgebauter Camper war da. Und so ging die Reise dorthin, wo es noch möglich war, nach Skandinavien.

Bereits von unterwegs aus hatten Florian Beudert und Daniel Müller Anfang Dezember von ihrer Tour in dieser Zeitung berichtet. Waren die ersten Wochen noch geprägt von herbstlicher Stimmung, haben die beiden Aussteiger auf Zeit in den letzten drei Monaten den Polarwinter kennengelernt: den betörenden mit sternenklaren Polarlichtnächten und sonnigen Tagen voller Pulverschnee, aber auch den gnadenlosen Winter mit Temperaturen unter minus 30 Grad. "Da hatten wir kurz unsere Depression", erzählt Florian Beudert. Heute können beide darüber lachen, aber damals, zur Wintersonnwende, war es ihnen tagelang nicht danach. Das lag zum einen daran, dass sie ihre Reise ohne Standheizung im Camper angetreten hatten. Im Innern bildeten sich Eiszapfen; die Handy-Akkus machten schlapp. Im Kühlschrank lagerten sie die Sachen, die nicht komplett einfrieren sollten. Hinzu kam die Polarnacht. Nur eine Stunde am Tag Helligkeit, dann wieder 23 Stunden Finsternis. "Das war unser Stimmungstief", meint Daniel Müller. Doch als dann eine in Oslo angeforderte Standheizung endlich eintraf, besserte sich auch schnell die Laune wieder. Und es konnte weitergehen, denn eigentlich wollten die beiden ja Weihnachten in Finnland verbringen.

Warten im Niemandsland

Doch es blieb beim Wunsch. Weiter wie zum Grenzbaum kamen sie nicht. Dreimal wurden sie an der finnischen Grenze abgewiesen. Das Land lässt weiterhin keine Fremden einreisen. Problem nur: Beim letzten Versuch wollten auch die Norweger sie plötzlich nicht mehr ins Land lassen. So standen sie auf einer Brücke im Niemandsland, bis der norwegische Zöllner doch ein Erbarmen hatte. "Nach einer Moralpredigt, warum wir in Coronazeiten reisen müssen, haben sie uns wieder hereingelassen", sagt Florian Beudert. Auf eine Quarantäne hat der Beamte verzichtet. Er hatte ja gesehen, wie sie erst kurz vorher ausgereist waren. Nachdem die Finnlandpläne endgültig auf Eis gelegt waren, entschieden sich die zwei Münnerstädter, nach Schweden zu reisen. Dort war die Einreise schon im Oktober unkompliziert gewesen und so war es auch im Dezember. Wenn sie von den Wintertagen erzählen, kommen Florian Beudert und Daniel Müller schnell ins Schwärmen. In Schweden zeigten sich die Polarlichter nochmals in ihrer ganzen Pracht. "Das war Gänsehaut pur", so Florian Beudert. Weihnachten verbrachten sie bei Lagerfeuer und Glühwein ganz ruhig. "Am nächsten Morgen standen Rentiere vor unserem Auto. Das war echt schön", erinnert sich Daniel Müller zurück. Silvester wurde "in lustiger Runde" mit anderen Ausländern auf einem Campingplatz gefeiert. Der schwedische Sonderweg in Sachen Corona machte sich beim Reisen bemerkbar. Auf ihrer Tour trafen sie nicht nur auf einheimische Touristen, sondern auch auf junge Weltenbummler aus verschiedenen Erdteilen. Aber man könne nicht von touristischen Hotspots reden, sagen sie. Die meiste Zeit waren sie in der Einsamkeit. "Man sieht nicht viele Leute, wir waren meist weg von der Zivilisation".

Den nordischen Winter genossen die Münnerstädter in vollen Zügen. Spannend waren die Mehrtagestouren in Nationalparks mit Schneeschuhen von Schutzhütte zu Schutzhütte. Durch hüfthohen Schnee mussten sie sich teilweise ihren Weg bahnen. Sie waren beim Eisangeln, erkundeten die Natur mit einem deutschen Auswanderer im Schneemobil oder mit dem Hundeschlitten. Rückblickend können sie sich nicht entscheiden, welches Land ihnen besser gefallen hat: Schweden oder Norwegen. In beiden Ländern fanden sie die Natur "traumhaft schön". Die Realität holte die jungen Männer erst wieder in Göteborg mit Schmuddelwetter und Coronasorgen ein. Von hier aus mussten sie die Heimreise organisieren. Dänemark war geschlossen, so dass nur die Fähre als Alternative blieb. Mit einem negativen Coronatest im Gepäck kamen sie am 14. März wieder in Münnerstadt an und konnten erst einmal kein Wiedersehen mit Familie und Freunde feiern. Denn sofort nach der Ankunft ging es in eine fünftägige Quarantäne. Die ist mittlerweile vorüber.

Im Oktober hatten sie gehofft, dass bei ihrer Heimkehr alles wieder gut ist. Jetzt hat sie Corona wieder eingeholt. Um so dankbarer sind sie für die unbeschwerten Monate in Skandinavien. "Wir hätten keinen besseren Zeitpunkt erwischen können", meinen sie, auch wenn sie sich vorstellen können, dass nicht alle verstehen, dass sie diese Reise in dieser Zeit gemacht haben.