Druckartikel: Eine Idylle mit zu viel Abseits?

Eine Idylle mit zu viel Abseits?


Autor: Tobias Kindermann

Oberbrunn, Montag, 22. Mai 2017

Die Gemeinde Ebensfeld hat in Oberbrunn ein Obdachlosenhaus. Nach drei Todesfällen in drei Jahren gibt es nun eine Diskussion, dafür einen anderen Ort zu suchen.
Früher wurde das Gebäude als Gemeindehaus benutzt.


tobias Kindermann

Das kleine Häuschen an der Kreuzung zur Kirche wirkt nicht ungepflegt. Die Büsche sind geschnitten, die Fenster geputzt. Sicher, der Anstrich ist nicht der neueste - und die Farbe an der Tür etwas abgeblättert. Aber eine Absteige sieht anders aus.
Der kleine grüne Zettel, mit dem der Eingang versiegelt ist, ist das einzige äußere Zeichen dafür, was sich hier abgespielt hat. Vor rund zwei Wochen stand der Leichenwagen vor der Tür - wieder einmal. Der Mann, der dort gewohnt hat, ist gestorben. Es war kein Selbstmord, aber es war kein natürlicher Tod. Nun hat die Polizei das Gebäude versiegelt für Nachuntersuchungen.
In dem ehemaligen Oberbrunner Gemeinschaftshaus bringt die Gemeinde Ebensfeld ihre Obdachlosen unter. Auch jene, die aus der Psychiatrie Kutzenberg kommen. Daniele, der Italiener, war dort in Behandlung und wohnte anschließend einige Monate in dem kleinen Haus. Bis vor zwei Wochen.
Kein schlechter Mensch sei Daniele gewesen - wenn er nüchtern war, sagt ein Oberbrunner. Und tatsächlich: Die Oberbrunner haben die Menschen, die hier gelebt haben, nicht ausgegrenzt.
Vor vielen Jahren ist das kleine Anwesen mal das Gemeinschaftshaus gewesen. Heute hat dieses seinen Platz in der ehemaligen Schule gefunden. Die Gemeinde war damals froh, eine Alternative zu haben, als man sich von dem Obdachlosen-Container in der Ziegelstraße in Ebensfeld trennte. Zwei Schlafzimmer und einen Gemeinschaftsraum gibt es dort - Platz für zwei Personen. Mehr hatte die Gemeinde auch nie unterzubringen.
In Oberbrunn konnte man mit der Lösung leben. "Es gab nie Klagen aus dem Ort, zumindest wurde ich nie angesprochen. Ich bin sehr dankbar, dass die Einwohner das dort so toleriert haben", sagt Ebensfelds Bürgermeister Bernhard Storath (CSU).


Container als Alternative

Trotzdem sucht man in der Gemeinde nun eine andere Lösung, die Situation in Oberbrunn war jüngst Thema im nichtöffentlich tagenden Verwaltungsausschuss. Dort fand eine Vorberatung statt, nun wird in den Fraktionen erörtert. Bald soll es in einer Gemeinderatssitzung diskutiert werden - und eine neue Lösung soll gefunden werden.
Die Überlegungen gehen dahin, einen Container in Ebensfeld in der Nähe des Rathauses aufzustellen. Denn so schön die Umgebung in Oberbrunn ist, es liegt auch etwas abseits. "Wir haben den Bewohnern Fundfahrräder zur Verfügung gestellt, um nach Ebensfeld zu kommen", sagt Storath. Er favorisiert einen neuen Container in Ebensfeld, eventuell in der Nähe des Rathauses. Damit sei der Kontakt für alle Seiten zudem einfacher zu halten.
Denn schon vor einem Jahr hat sich ein ähnlicher Fall zugetragen. Ein junger Mann, der im Sommer 2015 eingezogen war, brachte sich wenig später um. Auch er kam aus Kutzenberg. "Dem armen Jungen sah man schon von weitem an, dass es ihm nicht gut ging", erinnert sich ein Oberbrunner. Davor lebte in dem Häuschen längere Zeit ein ehemaliger Alkoholiker, der vorher in Kutzenberg in Behandlung war. Er starb eines natürlichen Todes - wurde aber erst Tage später entdeckt.
In Kutzenberg selber möchte man sich zu den Fällen nicht im Einzelnen öffentlich äußern: "Die Gemeinde Ebensfeld erhält von Mitarbeitern unseres Klinikums rechtzeitig eine Information über Menschen, die Patienten am Bezirksklinikum Obermain waren und obdachlos sind. Dieses Verfahren ist zwischen dem Bezirksklinikum Obermain und der Marktgemeinde Ebensfeld besprochen. Die von Obdachlosigkeit betroffenen Menschen können dann in der Gemeinde wegen einer Unterkunft vorstellig werden", sagt die Pressestelle. Storath hatte schon Kontakt mit Ärzten, um darüber zu sprechen, wie man mit der Situation umgeht.
Gemeindearbeiter sind regelmäßig in Oberbrunn, um nach dem Haus zu schauen. Die Gasflasche etwa, mit der die Heiztherme betrieben wird, muss regelmäßig ausgetauscht werden.
Das zeigt auch noch ein weiteres Problem: Als Gemeinschaftshaus gedacht, wurde es einst eher einfach gebaut, da man es ja nicht durchgängig benutzte. Die Wärmedämmung ist schlecht.
Auch mit Heizlüftern und Strom gingen die Bewohner oft sehr großzügig um. "Wir haben hier sehr hohe Unterhaltskosten", sagt Storath. Die Idylle wird auch hier teuer bezahlt.