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Eine große Herausforderung


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Bamberg, Montag, 21. November 2016

Chancen und Perspektiven der beruflichen Integration berufsschulpflichtiger Flüchtlinge waren Thema einer Veranstaltung im Rathaus Geyerswörth.


"Sie sind sehr motiviert", so beschreibt Christine Sünkel von der Volkshochschule Bamberg Stadt die zahlreichen berufsschulpflichtigen geflüchteten Jugendlichen in Bamberg, für die sie die Kooperation in den Klassen leitet. Dass die berufliche Integration der jungen Menschen dennoch auch eine Herausforderung ist, erklärte Alexander Feldmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik der Uni Bamberg, bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Migranten- und Integrationsbeirat der Stadt Bamberg im Rathaus Geyerswörth. Thema: Chancen und Perspektiven der beruflichen Integration berufsschulpflichtiger Flüchtlinge.
Feldmann wies auf die Heterogenität der bisherigen Bildungsbiografien hin, "unter denen sich von Abiturienten bis Analphabeten" alles findet. Die bescheidenen Bildungsangebote in den von Krieg und politischen Unruhen zerrütteten Herkunftsländern, aber auch bis zu mehreren Jahren dauernde Fluchtwege inklusiver traumatischer Erlebnisse, sowie fehlende Deutschkenntnisse stellten die Berufsschulen vor eine neue und enorme Aufgabe.


Gesetz torpediert Bemühungen

Dieser Aufgabe stellen sich in Bamberg Berufsschulen und ihre Kooperationspartner bei BFZ, VHS, Kolpingwerk und Bundesagentur für Arbeit. Nun beklagen sie sich, dass eine restriktive Auslegung des bayerischen Innenministeriums vom kürzlich beschlossenen Bundesintegrationsgesetz diese Bemühungen torpediert. Das Gesetz garantiert den Flüchtlingen eine seit langem von der Wirtschaft geforderte 3+2-Regelung. Diese besagt, dass Flüchtlinge für die drei Jahre der Ausbildung und zwei zusätzlichen Arbeitsjahren eine Bleibegarantie erhalten. Das soll den Arbeitgebern und jungen Geflüchteten eine Planungssicherheit geben. Die Garantie soll nicht für Flüchtlinge gelten, die kurz vor der Abschiebung stehen.
Die Kritik: Was eine bevorstehende Abschiebung bedeutet, interpretiert Bayern besonders restriktiv. Hier darf der junge Flüchtling schon keine Ausbildung mehr beginnen, wenn er von der Ausländerbehörde aufgefordert wurde, sich bei seinem Konsulat um einen Pass zu bemühen. Während zum Beispiel ein Urteil aus Baden-Württemberg nur dann von einer bevorstehenden Abschiebung spricht, wenn der Flug bereits gebucht ist. Kenner wissen, dass zwischen so einer Aufforderung der Ausländerbehörde und einer Abschiebung Jahre liegen können. Weitere verlorene Jahre für die jungen Menschen, die zum Teil nie eine Chance bekommen haben, lernen zu dürfen. Für die Betriebe, die mit Nachwuchsmangel kämpfen, genauso unverständlich wie für haupt- und ehrenamtliche Betreuer, die diese jungen Menschen begleiten.


Weiterer Austauschbedarf

"Integration ist für alle Beteiligten anstrengend genug. Die Verunsicherung, die mit dieser Regelung in die Klassenzimmer und Betriebe einzieht, ist das letzte, was Lehrkräfte, betroffene Jugendliche, Betriebe, Sozialpädagogen und ehrenamtliche Helfende brauchen", so Mitra Sharifi, stellvertretende Vorsitzende des Migranten- und Integrationsbeirates (MIB) und Sprecherin des Arbeitsausschusses interkulturelle Bildung und Erziehung des Beirates.
Bei der Veranstaltung wurde deutlich, dass es weiterhin Vernetzungs- und Austauschbedarf zwischen Betroffenen und Fachleuten gibt. Der Arbeitsausschuss "Interkulturelle Bildung und Erziehung" des Migrationsbeirates, der sich seit Jahren mit den Fragen der Integration der eingewanderten Bevölkerung im Bildungssystem beschäftigt, will weiterhin diese Möglichkeit bieten und wird eng mit dem Bildungsbüro der Stadt zusammenarbeiten. Interessierte können sich unter E-Mail mib@stadt.bamberg.de oder Telefon 0951/871872 melden, um zu den Sitzungen eingeladen zu werden. red