Eine Brücke im Spiegel der Zeit
Autor: Stefan Wicklein
Kronach, Mittwoch, 17. März 2021
Die schon 1588 erwähnte Spitalbrücke ist der wohl älteste Brückenstandort in Kronach.
Kronach — Über die Spitalbrücke mündete schon vor Jahrhunderten die große Handelsstraße von Nürnberg nach Leipzig in die von den Flüssen Hasslach und Kronach umschlossene Stadt. Daher dürfte das am Bürgerspital gelegene Brückenbauwerk wahrscheinlich der älteste Brückenstandort in Kronach sein. Bereits 1588 ist dort ein Brückenbau nachgewiesen, 1826 ist eine Erneuerung des Bauwerks dokumentiert. Direkt an der Brücke befand sich die Pflasterzollstation, in der bis zum Ersten Weltkrieg der städtische Pflasterzoll auf Waren, Wagen und Vieh zu entrichten war.
Ein Gemälde aus der Zeit um 1860 zeigt die Spitalbrücke als hölzerne Brücke. Die heutige Stahlbrücke mit ihrem wuchtigen Unterbau stammt aus der Zeit um 1890. 1955 wurde die Konstruktion saniert und der Gehweg verbreitert. Im Zuge der Sanierung des Spitalviertels in den 1980er Jahren konnte der flussaufwärts gelegene Fußweg in Form einer Passage durch das angrenzende Geschäftshaus geführt und so die Verkehrssicherheit erhöht werden. In den 1990er Jahren wurde die Hochwasserfreilegung an der Kronach durchgeführt.
Zahlreiche Hochwasser hat die jetzige Brückenkonstruktion in den bisherigen 130 Jahren ihres Bestehens überstehen müssen. Besonders kritisch wurde es 1967, als an Weihnachten ein großes Hochwasser Treibgut an der Brücke stauen ließ, welches mit Hilfe der Feuerwehr gelöst und aus dem Fluss geholt werden musste, um die Brücke nicht zu gefährden. Das Hochwasser stand damals bis auf dem Marienplatz und in der Rodacher Straße. Aus früheren Jahrzehnten sind große Eisbrüche bekannt, die sich an ihr aufstauten. Die niedrige Lage der Brückenkonstruktion über dem Wasserspiegel wird nun zum Problem für die Brücke. Nicht nur der Stau von Treibgut und Eis wird zu einer großen Gefahr - die Brücke liegt zudem tiefer als die Hochwasserfreilegung Kronachs und würde so wie 1967 das Wasser aufstauen und über die Schutzmauern in die Stadt drücken. 2016 musste der flussaufwärts liegende Gehweg aufgrund von altersbedingten Schädigungen der Tragwerkskonstruktion gesperrt und abgebaut werden.
Auch der Bewuchs um die Brücke war einer ständigen Veränderung unterlegen. Auf einem Gemälde von 1860 ist bereits auf der Spitalseite ein kleiner Baum zu erkennen, welcher jedoch um 1930 gefällt und durch den heutigen Kastanienbaum ersetzt wurde. Auf der gegenüberliegenden Seite wurden um 1900 zwei Bäume gepflanzt. Der näher an der Brücke stehende scheint jedoch bereits nach circa 20 Jahren wieder beseitigt worden zu sein, so dass nur noch die heute dort stehende Kastanie übrigblieb.
Nun gilt es in der wechselvollen Geschichte dieses Brückenstandortes ein weiteres Kapitel anzuschließen. Nachdem Brücken auf viele Jahrzehnte gebaut werden sollten, muss eine zukunftsfähige Lösung, die man nicht nach wenigen Jahren bereut, Ziel sein.
Auch wenn heute jeder den Wert eines Baumes für Ökologie und Stadtbild sehr hoch einschätzt, zeigt die Geschichte, dass immer wieder etwas weichen wird - man aber dafür sorgen muss, dass das neu Geschaffene sich harmonisch in das Stadtbild einfügt.
Die Geschichte um unsere Spitalbrücke macht deutlich, dass die neue Brücke wohl länger stehen wird, als die Rest-Lebensdauer der jetzigen Bäume beträgt. Und vor allem: Auch neue Bäume an dieser Stelle würden wieder zu stattlichen und stadtbildprägenden Bäumen heranwachsen und die nächsten Generationen erfreuen.