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Ein Schlösschen im Grünwehr


Autor: Redaktion

Kulmbach, Mittwoch, 31. Januar 2018

Das Renaissance-Gebäude fiel 1887 der Erweiterung der Sandlerbräu zum Opfer.
So sah das Schlösschen im Grünwehr aus. Repros: Erich Olbrich


Erich und Marcus Olbrich

In der heutigen Entdecker-Tour beschäftigen wir uns mit einem verschwundenen Gebäude. Als 1824 im Grünwehr die Sandlerbrauerei gebaut wurde, blieb das Renaissance-Schlösschen daneben noch bestehen. Erst 1887 wurde es von der Familie des Gerbermeisters und Magistratsrates Backer an die Brauerei verkauft und zehn Jahre später für die Erweiterung von Lagerhallen abgebrochen.
Wie sah dieses Schlösschen nun aus? Es gibt noch eine Bleistiftzeichnung aus dem Jahr 1855, vermutlich von Friedrich Huther, einem in Kulmbach geborenen Maler und Realschullehrer für Zeichnen, ferner aus dem gleichen Jahr eine Lithographie (Steindruck) von Carl August Lebschee, einem Maler und Zeichner der Romantik, der für seine naturgetreuen Abbildungen von Landschaften und Gebäuden bekannt war.
Über den Zeitpunkt der Erbauung des Gebäudes sind wir genau unterrichtet, weil es eine Tafel mit einer Inschrift trug. Über dem Eingang zum Schlösschen Grünwehr befand sich folgende Inschrift:
Als nach Christi Geburt gezählt war
Eintausend vierhundert achtzig Jahr
hat dies Gebäud erstlich gefangen an
der edle und rittermäßige Mann
Sebastian von Waldenfels genannt.
Welches ist hierauf wiederumb abgebrannt, als man
Eintausendfünfhundert und drei
und fünfzig zu zählen begann.
In Markgraf Albrechts Krieg und Feindschaft
aber im siebenundsiebzigsten Jahr
der kleinern und wenigern Zahl zwar
Solches wieder ward aufgericht,
wie man es jetzt da für Augen sieht
durch Hanß Carl von Waldenfels gut
Gott erhalt beide in seiner Hut.

Durch den Standort in einem Wassergraben hat das Schlösschen im Grünwehr stark gelitten. Die unteren Räume waren feucht und das ganze über 400 Jahre alte Gebäude altersschwach. Hätte man es erhalten können, wäre es heute sicher eine Sehenswürdigkeit.
Aber schon lange vor der Erwähnung des Schlösschens, befand sich nach dem Landbuch von 1398 an dem Platz nahe dem Mainübergang ein Turmhügel. So wird erwähnt: "Die Herschafte hat ein walle bey der steinbrucken." Später ist die Rede von "dem Haus an der steinern Brücke mit Wasser umfangen" oder von der "Behausung unter der Burg Blassenberg mit Graben".
Die ältesten, uns bekannten Besitzer dieser festen Behausung, auf alle Fälle vor 1248, hießen Henlein. Sie waren Ministerialen der Grafen von Dießen-Andechs. Diese nannten sich später Grafen von Blassenberg und erhielten 1180 von Kaiser Barbarossa die Herzogswürde von Meranien. Aber auch die Henlein bezeichneten sich zuerst als "de Blassenberg". Ein weiterer Zweig dieser Familie gab sich die Bezeichnung "de Guttenberg" und baute sich östlich von Kulmbach eine Burg.
Die Henlein und die Guttenberg trugen im Wappen eine goldene Rose. So kam es, dass die Familie Guttenberg noch lange Besitz im Grünwehr hatten, jedoch nicht mehr das feste Haus, auch Rittersitz genannt, sondern größere Grundstücke unterhalb der Burg. Das Rittergut Grünwehr, wie es 1605 heißt, besaßen die Herren von Waldenfels, später die Varell, Giech, Lindenfels und Aichinger von Aichenstamm. Der Heimatforscher Hans Edelmann deutet die Bezeichnung Grünwehr - diese Bezeichnung taucht erstmals 1488 auf - folgendermaßen:
Mit Wehr ist nicht wehren oder abwehren gemeint, sondern die Bezeichnung Wöhrd (Insel). Dieses Wort ist in Franken durchaus gebräuchlich. Er vermutete außerdem, dass nicht die "Grüne Insel" gemeint war, sondern die "Krumme Insel".