Ein Schicksal berührt Tausende
Autor: Ralf Kestel
Ebern, Montag, 18. Sept. 2017
Bei der Frankfurter Buchmesse stellt Udo Pörschke sein Werk über den langen Heimweg seines Großvaters aus der Kriegsgefangenschaft vor. Kurz danach auch in Ebern. Seine Film-Doku kommt erneut Fernsehen.
Das Kriegsgefangenen-Schicksal eines Mannes aus Ebern bewegt die Gemüter von Tausenden von Menschen. Die Geschichte von Martin Welz aus der Breslauer Straße, die sein Enkel Udo Pörschke nachgezeichnet, verfilmt und nun ein Buch darüber verfasst hat, entwickelt sich zum Medienrenner: Auf Grund des großen Erfolges bei der ersten Ausstrahlung beim Spartensender Phönix im April wird die neu verfasste Doku-Version mit den bei Profis üblichen 44:30 Minuten in voller Länge in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober erneut eine Phoenix-Themennacht eröffnen. Diese trägt den Namen "Die Rückkehr der Zehntausend".
Gleichzeitig stellt Udo Pörschke ab Oktober sein Buch vor, das im Westhafen-Verlag Frankfurt erscheint und auch auf der Buchmesse in Frankfurt am 14./15. Oktober präsentiert wird. Am Sonntag wird er um 15 Uhr auf der Bühne der Halle 3.1 eine halbe Stunde lang daraus lesen und am Montag, 23. Oktober, Talkgast im ARD/ZDF-Mittagsmagazin sein, das sich der Frankfurter Buchmesse widmet.
Der Lehrer (49), der zuletzt in Ungarn tätig war, hat sich wegen all dieser Nebenaktivitäten freistellen lassen, nimmt ein Sabbatjahr und wohnt nun wieder in Stegaurach bei Bamberg.
Aufzeichnungen nachgezeichnet
In Buch wie Film zeichnet Udo Pörschke die Aufzeichnungen nach, die Martin Welz in seinem Kriegstagebuch festgehalten hat. Zum Inhalt schreibt sein Verlag: "Udo Pörschke findet das Kriegs-Tagebuch seines Großvaters. Er entziffert es und macht sich auf, dessen Aufenthaltsorte während der letzten Monate des Zweiten Weltkrieges aufzuspüren und das ihm bis dahin unbekannte Schicksal seines Großvaters in Kriegsgefangenschaft auf einer Spurensuche in den Osten Deutschlands und nach Polen zu erkunden. Eine persönliche Reise, die exemplarisch das Schicksal von Millionen Kriegsgefangener lebendig werden lässt."
2013 flatterte Pörschke bei der Durchschau des Nachlasses seines Vaters Kurt Pörschke, einstmals Bautechniker der VG Ebern, das kleine Heftchen aus dem Soldbuch des Großvaters entgegen: "Notizen aus der Gefangenschaft 1945 bis 1949". Ihm zitterten die Hände, als er die vergilbten Seiten mit den Erinnerungen durchblätterte, die 70 Jahre versteckt waren. Beim Lesen merkte er schnell, dass er einen Schatz gefunden hatte. Pörschkes Großvater Martin Welz (1904-1987) war schon 40, als er 1942/43 zwangseingezogen wurde. Sechs Jahre blieb er verschollen. Damals wohnte er mit Familie in Schweidnitz in Schlesien. Diese hatte die Heimat verlassen müssen und wohnte mittlerweile in Weiden in der Oberpfalz, danach in Ebern. In Weiden stand er plötzlich im Februar 1949 vor der Haustür. Das Thema Krieg wurde nie wieder erwähnt.
Anhand des detaillierten Tagebuches begann Pörschke mit seinen Recherchen. Er schrieb unzählige Briefe, Mails und führte Telefonate, kontaktierte Gemeinden, Behörden, den Rot-Kreuz-Suchdienst, setzte Aufrufe in die schlesische Heimatzeitung - und machte sich schließlich mit seinem Freund und Kameramann Karl Hertel aus Gerach auf die Spuren des Großvaters, zu seinen eigenen Wurzeln, aber auch auf eine lange und spannende Reise in den Osten Deutschlands und nach Polen, auf der er Zeitzeugen traf, die über das Schicksal seines Großvaters Auskunft geben konnte.
3000 Kilometer hatte der Großvater auf dem Weg zur Familie zurückgelegt. Und der Enkel Udo erkennt darin aktuelle Bezüge. "In 30, 40 Jahren kann man einen ähnlichen Film über das Schicksal von Familien aus Syrien drehen."
Film in Ebern schon gezeigt
Und einen Bezug zum aktuellen Geschehen stellte der Autor bei einer Vorführung in Ebern vor eineinhalb Jahren her: "Ich hätte nie gedacht, dass in Deutschland wieder so eine rechte Stimmung aufkommt", sagte er und distanzierte sich von solchem Gedankengut, stets hinweisend, dass sein Film nicht aus revanchistischem Antrieb entstanden sei. Auch das Lokalfernsehen von TV Oberfranken hat sich des Themas angenommen und am Freitag am Grab von Martin Welz mit Udo Pörschke gefilmt. Für Oktober plant der Hofer Sender mit Studio in Bamberg eine komplette Talkstunde mit Udo Pörschke.
Das Buch über seinen Opa Martin, mit dem er sich sehr verbunden fühlte, wird Udo Pörschke auch im Rahmen der Foto-Ausstellung am Sonntag, 12. November, um 14 Uhr in der xaver-mayr-galerie vorstellen.