Druckartikel: Ein Kreuz mit dem Kreuz

Ein Kreuz mit dem Kreuz


Autor: Michael Busch

Erlangen, Freitag, 17. Juni 2016

Die Verwendung des Keltenkreuzes ist in Deutschland verboten. Doch ob ein "O" mit einem "X" bereits ein Kreuz ist, sollte vor dem Amtsgericht entschieden werden. Angeklagt war ein 38-Jähriger aus dem Landkreis wegen seines Tattoos.


Michael Busch

Der Angeklagte schüttelte den Kopf. "Es ist ein Kreuz mit dem Kreuz, weil es kein Kreuz ist!" Der aus dem Landkreis Erlangen-Höchstadt kommende 38-jährige Mann ärgerte sich offensichtlich. "In Erlangen ticken die Uhren wohl anders", murmelte der ohne Verteidiger, aber mit Frau und Kind erschienene Mann.
Um was ging es vor dem Erlanger Amtsgericht? Die Staatsanwaltschaft legte dem Mann zur Last, dass er auf einem Finger ein Keltenkreuz tätowiert habe. Ein Kreis mit einem über die Ränder gehenden Kreuz. Dieses "gleichschenklige" Keltenkreuz war auch das Zeichen der rechtsextremen und verbotenen Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands und ist noch heute als Symbol in der rechtsextremen Szene - in stark stilisierter Form - weit verbreitet.
Daher, so die Staatsanwaltschaft in der Verlesung des Strafbefehls, "handelt es sich um ein strafbares Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen". Entdeckt wurde das Zeichen auf der Hand bei einer routinemäßigen Verkehrskontrolle. Doch der aus Sachsen stammende Mann erklärte, dass dies ein Blödsinn sei. "Erstens ist es kein Keltenkreuz, sondern das Ergebnis einer Tätowierung, das ich mit einer selbstgebauten Tattoo-Maschine mir selber zugefügt habe." Zweitens stehe dieses Zeichen für die damalige Zugehörigkeit zu einer Punkband namens Onyx. Also der Kreis für den Anfangsbuchstaben und das "x" für den Endbuchstaben.
Abgesehen davon, rein chronologisch sortiert, gebe es das Verbot des Keltenkreuzes erst seit 1999, er habe das Zeichen bereits 1995 gestochen. Und zum Abschluss beteuerte der Mann am Gericht, dass "ich wahrscheinlich mehr ausländische als deutsche Freunde habe".
Den Strafbefehl über 2400 Euro habe er vor allem nicht akzeptiert, weil er immer wieder von Polizisten darauf angesprochen wurde, aber sämtliche Verfahren letztlich eingestellt wurden. "Nur Erlangen tickt da wohl anders", monierte er. Richter Wolfgang Gallasch zeigte sich dennoch verwundert. "Wenn Sie so viel Ärger damit haben, wäre es da nicht an der Zeit, sich das überzutätowieren, wegmachen zu lassen oder zumindest einen Ring darüber zu ziehen?" Der Angeklagte habe damit kein Problem, bekannte er, sah es aber bisher für nicht notwendig, da es ja eben kein Keltenkreuz sei.
Dass die Punkband und das ehemalige Bandmitglied nichts mit der rechtsextremen Szene zu tun hatten, dass der Man selber sich von dieser politischen Idee zumindest per Wort distanzierte, spielte für den Richter allerdings keine allzu große Rolle. Auch die massiven Voreintragungen im Bundeszentralregister, von Diebstahl über Fahren ohne Führerschein bis hin zur schweren Körperverletzung, spielten zunächst eine untergeordnete Rolle.
Ein fast salomonisches, nicht rechtskräftiges Urteil schlug Gallasch vor. "Sie lassen sich das Zeichen entfernen, egal wie - von mir aus auch überstechen. Wenn das bis zum 8. September geschehen ist, ist die Sache vor Gericht erledigt." Offensichtlich nicht ganz begeistert, aber die Chance sehend, dass hiermit die Sache mit dem Kreuz für alle Zeiten erledigt sein könnte, stimmte der Erlangen-Höchstadter zu.