Ein Haus im Dornröschenschlaf
Autor: Reinhard Löwisch
Affalterthal, Donnerstag, 21. November 2019
Vor 50 Jahren ging in Affalterthal eine fast 400-jährige Dorfschultradition zu Ende. Aus der Schule wurde das Rathaus. Doch mit der Gebietsreform war auch dieses Intermezzo schnell vorbei.
Der 23. November 1969 war für Affalterthal ein besonderes Datum: Aus der alten Schule wurde ein neues Rathaus - zumindest im Erdgeschoss - und das Obergeschoss zu einer Wohnung umgebaut. Das zweitwichtigste Haus im Dorf ist geschichtsträchtig.
Es war ein langsames Sterben, das bis heute anhält. 1784 wurde der schmucke Barockbau direkt neben der Kirche eingeweiht - als Schulhausersatz für das alte Gebäude, das an gleicher Stelle stand und aus bautechnischer Sicht wegen großer Mängel abgerissen werden musste. Drei Jahre dauerte es, bis die Herren von Egloffstein genug Geld zusammen hatten, um das neue Gebäude zu bauen, welches im Erdgeschoss einen Schulsaal und im Obergeschoss die Lehrerwohnung beinhaltete.
Lange Zeit reichte das eine Klassenzimmer aus, bis Anfang der 60er Jahre eine Schulreform in Angriff genommen wurde, die letztlich den Schulhäusern in Affalterthal und auch in Bieberbach den Garaus machte. Schon bei einer Gemeindevisite 1967 bemängelte der damalige Landrat, dass die Schule nicht mehr den modernen Anforderungen entspräche.
Ein Jahr später stand das Schulhaus leer und die Affalterthaler waren sauer: In einer Bürgerversammlung hatten sie deutlich gemacht, dass sie ihre einklassige Schule nicht gerne aufgelöst sehen, um der besseren Ausbildung ihrer Kinder willen aber dem Schulversuch mit Egloffstein zustimmten. Am 1. August 1968 wurde die Schule in Affalterthal offiziell geschlossen und gleichzeitig die Kinder aus dem bisherigen Schulsprengel Affalterthal dem Schulsprengel der neu errichteten Verbandsschule in Egloffstein zugeteilt.
Damit ging eine fast 400-jährige Dorfschultradition zu Ende. Die Gemeindeverwaltung kaufte noch 1968 der Kirchenstiftung das Lehrerwohnhaus samt leerstehendem Klassenzimmer ab, um im Parterre eine moderne Gemeindekanzlei einzurichten und im Obergeschoss eine modernisierte Mietwohnung. Rund 130 000 Mark, davon fast 50 000 Mark an Zuschüssen, nahm die Gemeinde dafür in die Hand.
Am 23. November 1969 übergab sie die neue Gemeindekanzlei ihrer Bestimmung. "Die Zeit der kalten Füße ist vorbei", freute sich der damalige Bürgermeister bei der Einweihung des schmucken Rathauses.
Affalterthal wurde 1972 zum "schönsten Dorf im Landkreis Forchheim" gekürt und es gab im gleichen Jahr einen Sonderpreis für "das schönste Rathaus". Die Lokalpresse lobte den Ort in höchsten Tönen: "Ähnlich der Blume entfaltete sich Affalterthal in den letzten Jahren. Die Nachbarn schauen zum Teil neidvoll auf diesen Ort, der in so kurzer Zeit den Sprung in dieses Jahrhundert schaffte. Ohne Schaden zu leiden, im Gegenteil: Die Gesichtskorrektur (mit Renovierung der Kirche, Straßenbau und Abriss alter Häuser) ist bestens gelungen. Alles überragend aber das Rathaus. Ein Bau, der seinesgleichen in Orten von nicht einmal 500 Einwohnern suchen muss."