Druckartikel: Ein Franke für Franken

Ein Franke für Franken


Autor: Reinhard Löwisch

Aufseß, Donnerstag, 18. Oktober 2018

"Ein Gewürfelter ist ein Mensch, den es im Leben schon genug hin und her und auf und ab geworfen hat." Das schrieb Einer, der es gewusst haben muss, schließlich wurde er, der Erfinder, posthum geehrt, selbst ein "Gewürfelter". Die Rede ist von Hans Max Freiherr von und zu Aufseß, der vor 25 Jahren gestorben ist.
Hans Max von Aufseß Foto: Archiv, Löwisch


In "HMA" wie sich Hans Max von Aufseß gerne selbst betitelte wohnte zwei Seelen, wenn man so will. Die eines Juristen und konservativen Gutsverwalters und die eines humoristischen Franken, der seine Landsleute sehr genau kennengelernt hat und ihnen bei jeder Gelegenheit "aufs Maul" schaute. Hans Max von Aufseß ist am 22. Oktober vor 25 Jahren gestorben.

Legendär seine Beschreibung eines fränkischen Wirtes: "Der Gastwirt unserer Täler betrieb seinen Beruf allzeit nur mit Widerstreben. Im Gegensatz zum einladenden und zuvorkommenden Wesen eines Schweizer Hoteliers und in Verachtung alemannischer geleckter Sauberkeit, betrachtete er mit Abscheu die vagabundierenden feinen Faulenzer, die von weither kamen, um seine Ruhe zu stören oder ihn von nützlicher Arbeit abzuhalten.

In der Mehrzahl der Fälle war er nur aus dem Grund in seinen lästigen Nebenberuf gestoßen worden, weil entweder der Vater und Großvater ihn schon ausübte, oder weil er sich selbst sein liebster Gast war und wie kein anderer sein selbst gebrautes Bier zu schätzen wusste. Sache des Gastes war es also, die rauhe Schale der Ablehnung zu durchbrechen und den Wirt für sich zu gewinnen.

Gastfreundlichkeit musste hier umgekehrt als die dem Gast obliegende Freundlichkeit gegenüber dem Wirt geübt werden. Bei stetem Durchhalten der Freundlichkeit war dann der Punkt erreicht, wo aufschlussreiche Gespräche sich anbahnten, ein würziges Bier aufgetragen und bei weiterem gutem Verhalten des Gastes die köstlichsten Speisen, das knusprigste selbst gebackene Brot und vor allem die wunderbarsten Forellen aus dem quellfrischen Brunnentrog aufgetischt wurden."

Seine genaue Kenntnis fränkischer Lebensart fasste er zusammen in dem werbewirksamen Spruch, der in Bücher und Prospekten auftauchte: "Die Fränkische Schweiz - Schlupfwinkel deutschen Gemütes".

Allen Sätteln gerecht

Am 4. August 1906 kam Hans Max von Aufseß als Spross fränkischen Uradels in Berchtesgaden zur Welt. Der gelernte Jurist und Forstwirt war während des Zweiten Weltkrieges von 1942 bis 1945 Verwaltungschef der englischen Kanalinseln. Er dokumentierte und fotografierte die Inseln und brachte das Ergebnis als Buch (Bilderbogen von den Kanalinseln) heraus.

170 weitere Werke folgten, beispielsweise Heimatgeschichtliches über Nürnberg, Erlangen, Coburg, Lichtenfels und Kronach und vor allem über die Fränkische Schweiz. Im Auftrag der einer Tageszeitung schrieb er zwischen 1956 und 1989 etwa 40 Hefte, die teilweise als "Jahresgabe" der Zeitung zum Geburtstag verschenkt wurden, darunter Klassiker wie eben: "Die Fränkische Schweiz, Schlupfwinkel deutschen Gemütes".

Lebensabend in Aufseß

Von 1960 bis 1975 war er Generaldirektor der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha'schen Familienstiftung. Anschließend, bis zu seinem Tode 1993, lebte er als Guts- und Forstverwalter auf Schloss Oberaufseß, wo die meisten seiner schriftstellerischen Werke entstanden sind, darunter humoristisch-leutselige Erzählungen, wie die über den Gasseldorfer "Wiener-Würstchen-Erfinder" Lahner.

Die "Briefe aus der Pilgerstube" sind ebenso berühmt wie "Eine Fränkin gewinnt Weimar", geschichtliche Abhandlungen über Waischenfeld und Ebermannstadt oder die "Fränkischen Impressionen". Eine seiner letzten Veröffentlichungen gab der Fränkische-Schweiz-Verein (Arbeitskreis Heimatkunde) in Zusammenarbeit mit dem Ackermannverlag in Hof 1991 heraus. "Meine Fränkische Schweiz" enthält auf 144 Seiten sieben der bekanntesten Kurzgeschichten von Hans Max von Aufseß über die Fränkische Schweiz.

Aus einer weiteren bekannten Publikation: "Der Franke ist ein Gewürfelter" entstand der Kulturpreis der drei fränkischen Bezirke, der seit 1985 alljährlich am 11.11. (Feiertag des heiligen Martin) an typische Franken in Form eines überdimensionalen, beschrifteten Würfels, des Frankenwürfels, vergeben wird.

Posthume Auzeichnung

Hans Max von Aufsess starb am 22. November 1993 hochdekoriert. Drei Jahre nach seinem Tod konnte Landrat Günter Dietel für das Fränkische-Schweiz-Museum in Tüchersfeld neben der 180 Stücke umfassenden Sammlung alter Radierungen und Stiche auch den kompletten literarischen Nachlass, den die langjährige Weggefährtin Christel Thömmes verwaltete, als Dauerleihgabe in Empfang nehmen.

Die posthume Verleihung des Frankenwürfels an Hans Max von Aufseß erfolgte 1997, weil in diesem Jahr in Erinnerung an sein literarisches Lebenswerk eine Aufseß-Stube im Fränkische Schweiz- Museum eingerichtet wurde.

Und dort fehlte noch der Würfel des Erfinders, der daüber sagte: "Der Würfel ist wie der Franke, ein widersprüchliches Ding. Er ist weder eine Kugel noch ein Kubus. Durch Abrundung seiner Ecken und Kanten vereinigt er aber die Funktionen von Beiden: Er rollt und er steht". Karl Schuhmann, Essayist der Süddeutschen Zeitung schrieb einmal über Hans Max von Aufseß: "Er ist ein Virtuose des Gedankens, ein profunder Kenner fränkischen Wesens, der wohlwollend und amüsant auf die Begebenheiten von Gestern und Heute blickt und ihnen auf den Grund geht".