Druckartikel: Ein Faustschlag, kein Verteidiger und neun Monate Gefängnis

Ein Faustschlag, kein Verteidiger und neun Monate Gefängnis


Autor: Michael Busch

Höchstadt a. d. Aisch, Donnerstag, 10. Dezember 2015

Michael Busch Ob ein Rechtsanwalt wirklich etwas genutzt hätte, sei in dem Fall, der vor dem Erlanger Amtsgericht verhandelt wurde, dahingestellt. Der 57-jährige Angeklagte war der...


Michael Busch

Ob ein Rechtsanwalt wirklich etwas genutzt hätte, sei in dem Fall, der vor dem Erlanger Amtsgericht verhandelt wurde, dahingestellt. Der 57-jährige Angeklagte war der Körperverletzung angeklagt. Eigentlich "nur" ein Faustschlag. Aber wie sich später herausstellen sollte, genau ein Faustschlag zuviel.
Was war passiert? Der Höchstädter Mann besuchte den "Engelgarten". Dort saßen in einem Pavillon die Ehefrau und der spätere Geschädigte beisammen. Laut der Anklageschrift soll der arbeitslose Täter zu dem dort Sitzenden hingestürmt sein, diesen beschimpft und dann mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben.
"So ist das nicht ganz gewesen", versuchte der nun vor dem Richter stehende Mann zu beschwichtigen. "Der saß nämlich neben meiner Frau, und das wollte ich nicht!" Ja, es habe eine Rangelei gegeben, aber mit der Faust zugeschlagen habe er nicht. Im Gegenteil: "Erstens war der Kerl selber schuld, der wollte von meiner Frau nicht weggehen, und zweitens hat er mir sogar mein Handkettchen abgerissen."
Der geladene Zeuge und geschädigte Adelsdorfer schilderte das Geschehen dann wiederum etwas anders. "Der kam auf mich zu, beschimpfte mich mit Schwuchtel und so, und schlug dann grundlos zu." Er habe in der Folge nur noch versucht, die Schläge abzuwehren. In seiner Vernehmung setzte sich der 68-Jährige sogar für den Täter ein. "Der war halt hochgradig alkoholisiert", gab er an. Der Engelgarten sei als Szenetreff für Alkoholiker in Höchstadt bekannt. "Außerdem ist die Gattin mit dran Schuld. Sie hat sich extra zu mir gesetzt, um den Gatten eifersüchtig zu machen." Es habe kurz zuvor nämlich eine Trennung gegeben, bei der die Ehefrau aus dem Haus geflogen sei. Letztlich sei auch der Schlag nicht so schlimm gewesen: "Ein roter Fleck, der aber nicht mal grün-gelb wurde. Nur ein Finger tut noch weh, weil er mir die Hand verdreht hat!"
Diese Aussage sei es dann auch gewesen, die Richter Hagen Förster zu der Überzeugung ließ, dass der Vorfall sich so ereignet hat, wie der Staatsanwalt ihn in der Anklage vorgetragen hatte. "Der hat versucht, Sie zu entlasten", erklärte er dem mittlerweile Verurteilten. Dabei habe sein Opfer Grund genug gehabt, die Situation überzogen darzustellen.


Schlagen geht gar nicht

Wesentlich zur Urteilsfindung sei aber auch die Vorgeschichte des Täters gewesen. "Sie haben Eintragungen ab 1979", warf er dem Mann vor. "Wir fangen mit der Verlesung aber erst in diesem Jahrhundert an", erläuterte der Richter, um nicht alle 26 Voreintragungen im Bundeszentralregister anzuführen. Fahren ohne Führerschein und unter Trunkenheit trotz fehlender Lizenz waren noch die harmlosen Delikte. Eingesessen im Gefängnis hatte der Höchstadter schon mehrfach wegen Körperverletzung, die den Strafkatalog neben Beleidigung und Sachbeschädigung ergänzte.
Richter Förster erklärte weiterhin: "Das Problem hätten Sie mit Ihrer Frau klären müssen. Einfach den vermeintlichen Kontrahenten niederschlagen geht gar nicht. Sie hätten natürlich auch Ihre Frau nicht schlagen dürfen!"
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.