Druckartikel: Ein Dach für Jesus

Ein Dach für Jesus


Autor: Matthias Einwag

Kutzenberg, Freitag, 24. April 2015

Handwerk  Der Zimmerer Adolf Geuß fertigte bereits sein 20. Feldkreuz an. Es wurde in der Flur zwischen Prächting und Kutzenberg aufgestellt.
Gemeinsam wird der Corpus an seinen Platz gehievt: Die Zimmerer Adolf Geuß und Adam Kassner (oben rechts) haben seine Arme gefasst, während unten (von links) Andrea Riedl, Udo Seelmann und Richard Feulner schieben.  Fotos: Matthias Einwag


von unserem Redaktionsmitglied 
Matthias Einwag

Bad Staffelstein/Kutzenberg — An einem schönen Frühlingstag in der Flur zwischen Kutzenberg und Prächting: Vier Männer und eine Frau bugsieren einen frisch mit Kunstharzlack eingelassenen Christus aus Eichenholz aus dem Kofferraum eines silbernen Opel Omega. Vorsichtig wird der Corpus in die Senkrechte gebracht, damit nichts abbricht. Schließlich kommt die Holzfigur gerade aus der Klosterlangheimer Werkstatt des Restaurators Richard Feulner. "Ich hab' ihm neue Finger hingemacht, und die Fußzehen waren auch kaputt", sagt Feulner.
Zuvor schon hatten die beiden Zimmerleute Adolf Geuß und Adam Kassner den frisch restaurierten Eichenbalken des Feldkreuzes fachmännisch mit einem betonierten Fundament in der Erde fixiert. Ein schönes Plätzchen ist's an dem sie das Kreuz aufstellen: Unterhalb der Orthopädie des Bezirksklinikums Obermain, unweit von der Hankirche und den Resten des Turmhügels.
Rund 50 Stunden haben Adolf Geuß und Adam Kassner gebraucht, um den Eichenbalken aufzumöbeln. Das Kreuz, das der Familie Lohneis gehört, stammt wohl aus der Mitte der 1960er Jahre. Es hatte durch die Witterungseinflüsse sehr gelitten und musste gründlich überholt werden.
Wer war da besser geeignet als der Staffelsteiner Adolf Geuß? 20 Flurkreuze hat der 81-Jährige inzwischen gezimmert, sein erstes schuf er 1962. Für diesen hölzernen Jesus in der Kutzenberger Flur entwarf er einen Baldachin, ein kupferbeschlagenes Dach. Das soll den Corpus künftig vor Regen, Hagel und Schnee schützen - aber auch vor den unbarmherzigen Sonnenstrahlen.
Adolf Geuß und Adam Kassner stehen auf einem Gerüst, das Udo Seelmann zuvor installiert hatte. Während Richard Feulner, Andrea Riedl und Udo Seelmann von unten schieben, ziehen die beiden Zimmerer den Corpus in die Höhe. Nun gilt es, die Figur am Kreuz zu befestigen - das geschieht mit einem Akkuschrauber, leise und flink. Dann werden die hölzernen Nägel als Verblendungen darüber gesetzt und das "INRI"-Schild angebracht - fertig.
Sechs Wochen haben Richard Feulner und seine Tochter Andrea Riedl an der Christusfigur gearbeitet. Sie ersetzten Holzteile, die nicht mehr zu reparieren waren, sie präparierten das Holz für die nächsten 50 Jahre und sie fassten die Plastik neu, Schicht für Schicht. Mit dem Ergebnis ihrer Arbeit sind sie sichtlich zufrieden.
Als der Corpus an seinem Platz hängt, steigen die beiden Zimmerer vom Gerüst herab. Gemeinsam wird die Stahlkonstruktion eingelegt. Nun haben alle freie Sicht auf das neue Feldkreuz, das eine stattliche Höhe von 5,5 Metern hat.
Auch Adolf Geuß ist nun zufrieden. Sein 20. Kreuz - es kann sich sehen lassen. Wo die anderen stehen? "Na - vier stehen aufm Staffelberg", sagt Adolf Geuß in einem Ton, als sei es das Selbstverständlichste von der Welt.
War aber auch klar, denn sein Lieblingsplatz ist dort oben, nicht nur an Frühlings- oder Sommerabenden, eigentlich immer. Es ist einfach schön, vor der Klause zu sitzen und den Sonnenuntergang am westlichen Himmel zu betrachten.