Nachdem ich nicht mehr richtig handlungsfähig war, hat meine Frau sich um einen Test bemüht und viel telefoniert. Eines Morgens nahm sie mich an die Hand und fuhr mit mir zu einer Ärztin. Ich musste vor der Tür warten, bis die Ärztin und eine Arzthelferin in Schutzkleidung öffneten und mir mit Wattestäbchen im Rachen und in der Nase Abstriche machten. Zwei Tage später kam das positive Ergebnis und sofort kümmerte sich das Landratsamt um uns und erklärte uns die Quarantäne-Maßnahmen. Sie waren stets geduldig und auch klar in der Kommunikation. Das war sehr hilfreich für uns. Meine Frau und meine Tochter wurden auch umgehend nach Scheßlitz in das neue Testcenter gebeten und getestet.
Machen Sie sich aktuell große Sorgen?
Ich sorge mich besonders um meine Mutter. Sie ist über 70 Jahre alt, hatte vor einigen Jahren einen leichten Herzinfarkt und leidet unter einer chronischen Atemwegserkrankung. Das macht sie gleich dreimal zur Risikoperson. Ich habe ihr in langen Gesprächen die Notwendigkeit der selbstauferlegten Quarantäne zu erklären versucht. Anfangs war es schwierig. Inzwischen bleibt sie weitestgehend zu Hause mit ihrem Lebensgefährten. Darüber bin ich sehr froh.
Als selbstständiger Unternehmer mache ich mir ebenso Sorgen. Ich lebe hauptsächlich von meinen Seminaren und meinen Vorträgen. Alle Veranstaltungen im März und April sind abgesagt oder storniert. Es gibt kaum Neubuchungen, was ich natürlich verstehen kann. Andererseits sind meine Kunden sehr herzlich und verstehen größtenteils, in welche Schwierigkeiten mich die Situation als Unternehmer bringt. Die ausgefallenen Seminare werden dadurch verschoben. Weil ich die neuen Termine der verschobenen Seminare nicht zweimal verkaufen kann, werde ich viel Umsatz verlieren. Dennoch steht die Gesundheit der Menschen natürlich über allem und ich muss die Situation so akzeptieren, wie sie ist.
Wie stehen Sie die Tage in der Quarantäne mit ihrer Familie durch?
Sehr, sehr gut. Wir geben alle aufeinander acht und leben unsere Familienrituale. Zur Tochter halten wir, so gut es geht, etwas Abstand, da sie noch negativ getestet ist. Ansonsten essen wir gemeinsam und kochen abwechselnd. Ich habe mir Anfang des Jahres ein Büro- und Musikzimmer im Keller eingerichtet und freue mich jetzt besonders darüber. Hier kann ich in Ruhe ein wenig arbeiten und mache tatsächlich viel Musik. Diese Zeit habe ich sonst nicht und genieße das sogar sehr. Ansonsten lese ich derzeit vieles von Bamberger Autoren wie Harry Luck und Martin Beyer. Das Ganze geht natürlich nur, weil wir Hilfe bekommen. Allen voran mein bester Freund Klaus Stieringer fragt täglich nach unseren Bedürfnissen und geht einkaufen.
Welchen Ratschlag würden Sie anderen in diesen Zeiten geben?
Seid lieb und wachsam. Achtet auf eure Mitmenschen und schaut, ob ihr irgendwo helfen könnt. Nutzt die elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten und meldet euch bei Menschen, die einsam sein könnten. Diese Zeit ist besonders hart für allein lebende Menschen. Bezieht eure Informationen aus Erstquellen wie dem Robert-Koch-Institut und hört zu, was die örtlichen Behörden über die Medien bekanntgeben. Lasst euch nicht verrückt machen und sucht auch nach den Chancen, die in dieser Zeit stecken. Ein bisschen zu sich selbst finden oder das Buch lesen, das schon so lange ungelesen rumliegt. Entdeckt alte Familienrituale wieder. Gemeinsames Fernsehen, Radio hören oder vorlesen. Zelebriert eure Mahlzeiten. So schlimm gerade alles ist, so sehr kann uns auch diese Zeit einander als Menschen näherbringen. Das Gespräch führte Anika Ferko.