Dreimal Kartoffeln mit Salz
Autor: Klaus-Peter Gäbelein
Herzogenaurach, Mittwoch, 11. Dezember 2019
Günter Dippold, Forscher, Dozent an der Universität Bamberg und Bezirksheimatpfleger von Oberfranken, dazu bekennender Franke und Fan von Herzogenaurach, referierte zum 12. Mal beim Heimatverein, dies...
Günter Dippold, Forscher, Dozent an der Universität Bamberg und Bezirksheimatpfleger von Oberfranken, dazu bekennender Franke und Fan von Herzogenaurach, referierte zum 12. Mal beim Heimatverein, diesmal mit einem Thema zum hiesigen Gesundheitswesen.
Grundlage für seinen Vortrag in der voll besetzten Gaststätte Heller waren die Unterlagen des Landgerichts Herzogenaurach, die 1838 vom hiesigen Gerichtsphysikus Dr. Eichhorn verfasst worden sind. Der Mediziner hat die Arbeitsbedingungen und Erwerbsverhältnisse im 12 700 Menschen zählenden Amtsbereich Herzogenaurach festgehalten, schließlich waren sie entscheidend, die Krankheiten in seinem Amtsbereich zu bekämpfen.
In unserer Gegend, seit 1803 von Bayern regiert, hatte eine allgemeine Schutzimpfung mit Kuhpocken gegen die verbreitete Pockenseuche Erfolge gebracht. Eine weitere Maßnahme gegen diese Seuche war - aus hygienischen Gründen, die Verlegung von Friedhöfen nach draußen vor die Ortschaften. Herzogenaurach ging mit gutem Beispiel voran: der Gottesacker, noch um die Pfarrkirche gelegen, wurde vor die Stadt an die Stelle des heutigen alten Friedhofs verlegt.
Ab 1804 wurde Bayern in Landgerichte gegliedert. Herzogenaurach wurde 1812 Amtssitz. Allerdings lag die Versorgung mit studierten Medizinern noch sehr im Argen. Auf dem Land und in den kleinen Städten kauften die Apotheker und angeblichen Mediziner ihre Heilmittel, wie Salben und Pastillen gegen die "Franzosenkrankheit" (Syphilis) bei fahrenden Händlern oder Quacksalbern. Ein kranker Mönch aus Bamberg ließ sich gar beim Scharfrichter (Henker) in Königshofen/Grabfeld behandeln.
Wenn man einen akademisch gebildeten Arzt brauchte, musste man nach Bamberg oder Erlangen, bisweilen auch in die Festungsstädte Forchheim oder Kronach gehen. Noch immer hatten die Bader das Sagen; ihnen blieb es vorbehalten, Schröpfköpfe zu setzen, zur Ader zu lassen, Pflaster anzuwenden und nur äußere Wunden, bisweilen höchstens einen Beinbruch zu behandeln. In den katholischen Ortschaften suchte man Hilfe auf Wallfahrten. Man fand bisweilen Genesung durch Besuche in Gößweinstein oder Vierzehnheiligen.
Zwischen 1812 und 1838 starben in Herzogenaurach 7200 Personen, davon war etwa die Hälfte unter 15 Jahren. Die meisten Verstorbenen waren jünger als ein Jahr. Noch 1887 bis 1888 verzeichnete man in Herzogenaurach den Tod von 98 bzw. 80 Kindern unter zehn Jahren. Erst 1930 sank die Zahl unter 20. Der eingangs erwähnte Dr. Eichhorn sah den Grund für diese hohen Zahlen in dem Glauben vieler Menschen, "dass man mit so kleinen Wesen noch nichts anfangen könne" und im Amt Ebermannstadt teilte das Volk die Ansicht, "daß das ein oder andere Kind wohl gar überflüssig und entbehrlich sei und der Verlust bald wieder ersetzt werden könne".
Wer die ersten zehn Lebensjahre überstanden hatte, der hatte Chancen, ein höheres Lebensalter zu erreichen. Selbst auf dem Land, wo die Menschen schwer arbeiten mussten, wurde jeder Achte älter als 70 Jahre, wobei die Landbevölkerung "leichtere Krankheiten" weniger beachtete und selbst Wöchnerinnen schon kurz nach der Entbindung wieder Haus- und selbst Feldarbeiten erledigten.