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"Dreamer" sind Verein entwachsen


Autor: Redaktion, Günther Geiling

Kirchlauter, Sonntag, 10. Mai 2020

Rund 35 000 Euro an Spenden haben die jungen Vereinsmitglieder der "I Have A Dream"-Gruppe in zahlreichen Aktionen gesammelt. Dennoch muss sich der erfolgreiche Verein nach zehn Jahren auflösen: Der Nachwuchs fehlt.
Eine bemerkenswerte Veranstaltung war die "72-Stunden-Aktion" auf Landkreisebene, hier bei der Vorbereitung zu einer Spielplatzaktion.


Die berühmte Rede von Menschenrechtler Martin Luther King mit dem Satz "I have a dream" hat vor zehn Jahren einige Jugendliche von Kirchlauter und Umgebung dazu inspiriert, sich zusammenzuschließen, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Dies erreichten sie über eine Gesamtspendensumme von 35 000 Euro und viele Aktionen. Nun aber sieht sich der Verein quasi im Jubiläumsjahr gezwungen, wegen fehlenden Nachwuchses und des Erwachsenwerdens der Mitglieder, wegen Beruf oder Wegzug aus dem Landkreis, den gemeinnützigen Verein aufzulösen.

Im November 2010 ist die Gruppe aus den Reihen des Pfarrgemeinderates Kirchlauter entstanden als "sozial engagierte Organisation aus Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl engagieren". Man hatte nämlich einen Trend beobachtet, dass die Jugendgeneration eine andere Einstellung zum Ehrenamt hatte als die eigenen Eltern, denen es eine Ehre gewesen sei, in ein wichtiges Amt hineingeboren zu werden.

Kleine Projekte als Anfang

Der langjährige Vorsitzende Dominik Baum aus Kirchlauter beschrieb es so: "Jugendliche heute schrecken eher vor langfristigen Bindungen zurück, und sie möchten lieber erst einmal alles ausprobieren, bevor sie sich möglicherweise für etwas dauerhaft engagieren. Das heißt nicht, dass sie sich gesellschaftlich nicht einbringen möchten, aber sie denken eben eher in Projekten. Und diese Projekte müssten bestenfalls mit ihren eigenen Vorstellungen zu 100 Prozent übereinstimmen, damit sie sich in eine ganz bestimmte Sache hineinknien."

Der Anfang wurde mit kleinen Aktionen gemacht wie einem Tattoostand beim Pfarrfest in Neubrunn. Die Aktionen wurden dann über die Jahre hin immer größer bis hin zu einem deutschlandweiten "Fußballturnier für Toleranz" mit über 200 Teilnehmern als Zeichen gegen Rechtsextremismus, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit.

"Wir jungen Dreamer planten unsere Projekte stets selbst ohne die Supervision von Erwachsenen. Wir steckten viel Herzblut in jedes unserer Projekte", betont die derzeitige Vorsitzende Katharina Hofmann aus Lußberg. So erinnert sie an das "72-Stunden-Projekt des BDKJ", bei dem die Gruppe den Garten des Seniorenspitals in Ebern komplett neu gestaltete und drei Jahre später gemeinsam mit Asylbewerbern einen Spielplatz restaurierte und um zusätzliche Attraktionen erweiterte.

Auch aufgrund der richtigen Verwaltung der Spendengelder folgte dann die Gründung eines gemeinnützigen Vereins und man engagierte sich in ihm in vielerlei Weise. Dabei beteiligte man sich regelmäßig am Kinderfasching und sorgte in bunten Kostümen für viel Freude. Außerdem reagierte man auf Katastrophensituationen in der Welt mit Spenden wie 2013 beim Taifun Haiya auf den Philippinen oder 2014 bei der Ebola-Epidemie in Afrika. Auch die Aktion "pfandtastisch helfen", die mittels Pfandboxen an Leergutautomaten umgesetzt wurde, fand in den vergangenen Jahren Anklang.

Regelmäßig unterstützte der Verein auch mit seinen Spenden ein SOS-Kinderdorf in der Oberpfalz und kümmert sich auch um ein SOS-Patenkind in Burundi. "Über die Jahre hinweg ist es uns gelungen, knapp 35 000 Euro an Spenden zu sammeln. Diese gingen an viele Organisationen in unserer engeren Heimat wie an das Mehrgenerationenhaus Haßfurt, an den Weißen Ring und natürlich auch in der Welt. Uns war es sogar möglich, einen Brunnenbau in Indien zu finanzieren", blickt Hofmann mit Stolz zurück.

Mit Preisen ausgezeichnet

Dieses tolle Engagement des Vereins stieß auch weit über die Grenzen des Landkreises hinaus auf große Beachtung und wurde mit einigen besonderen Preisen und Auszeichnungen gewürdigt. So erhielt der Verein im Jahr 2014 den "Deutschen Bürgerpreis", der als bedeutendster Ehrenamtspreis angesehen werden kann. Auch beim "Ehrenamtspreis" und der "Civil Academy" landete er auf vorderen Plätzen.

Der Traum lebt weiter

Etwas Wehmut klingt in ihren Worten, wenn Hofmann sagt: "Es war mega cool und eine tolle gemeinsame Zeit, in der wir viel voneinander lernten und einander unterstützen durften. In den letzten zehn Jahren sind wir aber auch erwachsen geworden, in verschiedene Städte gezogen, und andere Projekte haben uns in unserem Leben vereinnahmt." Den langjährigen Vorsitzenden Dominik Baum hat es studienbedingt in das Allgäu verschlagen, wo er sich auch im Verein "Herzenswünsche Allgäu" engagiert, und die jetzige Vorsitzende Hofmann ist inzwischen Sozialpädagogin und Leiterin einer offenen Ganztagesbetreuung in Forchheim.

"Aufgrund des fehlenden Nachwuchses und der wiederkehrenden schwierigen Suche nach Helfern haben wir bei unserer letzten Jahreshauptversammlung die Auflösung unseres Vereins beschlossen. Wir lassen damit einen Teil unseres Lebens gehen, um Platz für Neues zu schaffen", so die Vorsitzende.

Ganz wichtig war ihr dabei auch der Dank an alle, die den Verein und seine Ideen all die Jahre unterstützt und mit Spenden und aufmunternden Worten zu dem Erfolg der "I Have A Dream Group" beigetragen hätten. "Sie haben mit uns gemeinsam das Leben vieler Menschen ein bisschen besser gemacht", so Hofmann.

Sie versicherte, dass alle Gelder, die sich zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Spendenkonto befinden, ihre Bestimmung erfüllen werden. Dabei werde man auch den ganzen Besitz des Vereins verkaufen, und der Erlös komme gemäß der Satzung dem Kindergarten Kirchlauter und dem Verein "Rote Nasen" zugute. Die Vorsitzende stellt klar: "Wir werden unseren Verein auflösen, aber nicht den Willen aufgeben, die Welt etwas besser zu machen. Wir wollen weiterhin - jeder auf seine Weise - dazu beitragen, dass der Traum von Martin Luther King eines Tages Wirklichkeit wird."