Draufzahlgeschäft mit Knöllchen
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Donnerstag, 29. Oktober 2020
Drei Aufschreiber überwachen in Kulmbach die Parkmoral der Autofahrer. Die Stadt nimmt dabei ein Minus bewusst in Kauf. Wir haben nachgefragt, warum das so ist und welche Regeln bei der Tätigkeit auf der Straße gelten.
Im Geheimpapier des Kulmbacher Rechnungsprüfungsamts für den Prüfzeitraum 2016 bis 2018 werden auch die Kosten der kommunalen Verkehrsüberwachung kritisiert. Beim Geschäft mit den Knöllchen seien jährliche Verluste zwischen 38 000 und 54 000 Euro gemacht worden. Die Rechnungsprüfer regen eine Untersuchung an, warum das Defizit entstanden ist.
Bürger, Steuerzahler, Autofahrer und Falschparker stellen sich Fragen: Wie arbeitet der Verkehrsüberwachungsdienst in Kulmbach? Welche Regeln gelten? Gibt es Ausnahmen? Wir haben die Stadt gefragt - hier sind die Antworten. 1. Seit wann gibt es den kommunalen Verkehrsüberwachungsdienst in Kulmbach? Seit dem 1. Januar 1995. Die Verkehrsüberwachung mit drei Mitarbeitern untersteht dem Ordnungsamt. 2. Was will die Stadt damit erreichen? Es geht um die Einhaltung der Ordnung im ruhenden Verkehr. 3. Wie viele Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung sind in Kulmbach unterwegs und zu welchen Zeiten? Es sind an 5,25 Tagen pro Woche zwei Mitarbeiter im Außendienst tätig. Sie sind im Zeitraum von 8 Uhr bis 16 Uhr unterwegs, gegebenenfalls - je nach Veranstaltung und Ort - auch bis 21 Uhr oder bereits ab 6 Uhr. Sporadisch wird natürlich auch am Wochenende kontrolliert. 4. W elche Verstöße werden geahndet? Gibt es Schonfristen, wenn ein Parkticket abgelaufen ist? Geahndet werden Verstöße im ruhenden Verkehr. Unsere Mitarbeiter wahren natürlich auch gewissen Schonfristen von etwa zehn Minuten, allerdings nur, wenn keine schwerwiegenden Verstöße vorliegen wie beispielsweise Parken in einer Feuerwehrzufahrt, Blockieren eines Behindertenparkplatzes oder verkehrsgefährdendes Parken in Kreuzungsnähe oder an gefährlichen Ausfahrten. 5. Wo laufen die Aufschreiber rum, gibt es feste Routen? Die Touren werden je nach Bedarf zusammengestellt und erfassen das gesamte Überwachungsgebiet, das zirka 80 Straßen umfasst. 6. Täuscht der Eindruck, dass der Marktplatz zunehmend zum Parken zweckentfremdet wird? Auch der Marktplatz wird regelmäßig kontrolliert. 7. Welche Regeln gelten an Markttagen rund um den Marktplatz? Wurde oder wird hier grundsätzlich nicht aufgeschrieben? Auch mittwochs und samstags gelten die üblichen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung, und natürlich wird auch an diesen Tagen kontrolliert. 8. Gab oder gibt es Anweisungen, bestimmte Fahrzeuge oder Autofahrer nicht aufzuschreiben? Solche Anweisungen sind uns nicht bekannt. 9. Was passiert, wenn sich jemand beschwert und sein Knöllchen nicht bezahlen will? In einem solchen Fall wird der Sachverhalt unter Einbeziehung des jeweiligen Außendienstmitarbeiters erneut überprüft. Zudem wird mit dem Verwarnten Kontakt aufgenommen. Es wird zusätzlich auch auf den entsprechenden Rechtsweg mit Anhörungsbogen hingewiesen, den der Verwarnte in Anspruch nehmen kann. 10. Wie viele Strafzettel werden pro Jahr verteilt? Zwischen 8000 und 9000 Falschparker werden pro Jahr von der Verkehrsüberwachung in Kulmbach aufgeschrieben. Dieser Wert ist in den letzten Jahren ungefähr gleichgeblieben. Die Verwarnungsgelder belaufen sich auf zirka 100 000 Euro, 2019 waren es 107 000 Euro. 11. Wie viele Strafzettel werden pro Jahr zurückgenommen? Im Jahr 2019 gab es in etwa 85 eingestellte Verfahren.
12. Warum war der Verkehrsüberwachungsdienst in den Jahren 2016 bis 2018 ein Draufzahlgeschäft mit einem jährlichen Minus im mittleren fünfstelligen Bereich? In den Jahren mit Überschuss waren die Personalkosten in diesem Bereich insgesamt noch geringer, es gab nur zwei statt drei Vollzeitstellen. Der Sinn einer kommunalen Verkehrsüberwachung ist es auch nicht, Überschüsse zu erzielen, sondern die Ordnung im ruhenden Verkehr zu gewährleisten und aufrechtzuerhalten. Wenn hier durch die reine Anwesenheit der Mitarbeiter der Verkehrsüberwachung eine bessere Parkmoral und die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften erzielt werden kann, ist dies im Sinne eines geordneten Zusammenlebens ein wesentlich größerer Erfolg als die reine Ausstellung zahlloser Verwarnungen. In diesem Zusammenhang gebührt den Mitarbeitern der Verkehrsüberwachung ein großes Lob, mit welcher Umsicht sie manchem uneinsichtigen Bürger die geltenden Vorschriften erläutern, wenn diese persönlich angetroffen werden. In unseren Augen ist eine Belehrung und damit das proaktive Verhindern eines Parkverstoßes zielführender als eine Verwarnung.