Direkter Austausch ist wichtig
Autor: Richard Sänger
Großenseebach, Dienstag, 18. Februar 2020
Der Chef des BR-Studios Franken sprach über den Stellenwert der Landwirte in der modernen Gesellschaft.
"Welchen Stellenwert genießen Landwirte in der modernen Gesellschaft?" Diese spannende Frage stand über dem Landfrauentag in Großenseebach. Hauptredner in der voll besetzten Mehrzweckhalle war Tassilo Forchheimer, der frühere Leiter des ARD-Studios in Rom, der seit 1. Oktober Chef des BR-Studios Franken ist.
Kreisbäuerin Evi Derrer verdeutlichte, dass es um die Existenz vieler Landwirte geht. "Wenn Lebensmittel verramscht werden, geht das auch zu Lasten der Umwelt", erklärte sie. Der Handel werde immer mehr von den großen Ketten dominiert. Derrer beklagte, dass die Landwirte von der Politik in Stich gelassen und scheinbar nur noch für billiges Bauland und die Landschaftspflege gebraucht werden.
Tassilo Forchheimer begann seine Rede mit viel Lob für die Landfrauen. Sie würden einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenleben leisten. Denn ohne Landfrauen und deren Energie könnte der ländliche Raum einpacken.
"Mehr miteinander reden"
Der Referent meinte, es bringe nichts, nur um den heißen Brei herumzureden. "Ich werde direkt und ehrlich zu Ihnen sprechen, auch auf die Gefahr hin, dass Ihnen das eine oder andere nicht gefällt." So sei das Wichtigste, miteinander ins Gespräch zu kommen. "In unserer heutigen Gesellschaft wird sowieso viel zu viel übereinander und viel zu wenig miteinander geredet. Von daher freue ich mich auch auf den direkten Austausch mit Ihnen", zeigte er sich bereit für eine Diskussion .
Rund jeder zweite Bauernhof werde inzwischen im Nebenerwerb bewirtschaftet, auch in Bayern könne der fortschreitende Strukturwandel beobachtet werden. "Seit 2010 gingen nahezu 14 000 landwirtschaftliche Betriebe verloren, mehr als in jedem anderen Bundesland."
Der Strukturwandel habe aber längst andere Branchen erfasst, etwa den Einzelhandel. "Wie viele Tante-Emma-Läden gibt es heute noch? Wie viele kleine Metzgereien oder Bäckereien?", fragte er. Kleinbetriebe hätten es grundsätzlich schwer in einem auf Rationalisierung getrimmten Wirtschaftssystem. Fast alle wollten möglichst billig einkaufen und jammerten gleichzeitig darüber, "dass Qualität keine Rolle mehr spielt". Die Folgen seien ein Verlust von Arbeitsplätzen, weniger Produktvielfalt, Intensivierung und oftmals auch eine höhere Umweltbelastung. Dann zum Beispiel, wenn Ortskerne aussterben und alle nur noch zu den großen Einkaufszentren auf der grünen Wiese fahren.
Gegen den Billig-Mist
"Die Großen schlucken die Kleinen. Das gilt seit Jahrzehnten auch für die Agrarökonomie", sagte Tassilo Forchheimer. Zur ganzen Wahrheit gehörten aber auch positive Geschichten, etwa von Frauen und Männern, die gerne Lebensmittel herstellen. "Viele Kunden fahren inzwischen weite Strecken, um eben nicht im Supermarkt, sondern im Hofladen ihres Vertrauens einzukaufen, weil sie vom immer gleichen Billig-Mist inzwischen die Nase gestrichen voll haben."