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Digitale Revolution bei der Rettung


Autor: Andreas Oswald

Forchheim, Donnerstag, 01. Dezember 2016

Ein Quantensprung für Ärzte, Sanitäter und Patienten ist die schnelle Datenübertragung aus dem Einsatzwagen direkt ins Klinikum Forchheim. Ein Zeitgewinn, der lebensrettend sein kann.
Oberbürgermeister Uwe Kirschstein wird in der Notaufnahme von der auszubildenden Rettungssanitäterin Christina Hohe auf der Trage fixiert. Keine Sorge: Er simuliert nur einen Patienten, dessen Daten der Notfallsanitäter , links Azubi Marcel Mönius mit dem NIDA-Pad in der Hand, jetzt aus dem Rettungswagen auf den an der Wand hängenden Ankunfts-Monitor im Klinikum übertragen kann.  Foto: Andreas Oswald


Andreas Oswald

Forchheim — Im Notfall zählt jede Minute: etwa beim Schlaganfall, wo die Schnelligkeit der Versorgung darüber entscheidet, ob ein Mensch bald wieder gesund im Leben steht oder im Rollstuhl landet. Jetzt hilft die digitale Übertragung lebenswichtiger Patienten-Informationen aus dem Rettungswagen, über Datenfunk direkt in die Notaufnahme des Klinikums Forchheim, lebensrettende Zeit zu gewinnen. Zeit in der sich das ärztliche Team bis zum Eintreffen des Rettungswagens optimal auf die Behandlung des vorangekündigten Patienten vorbereiten kann.
Das Zauberwort heißt NIDA - dieses Kürzel steht für Notfall-Informations- und Dokumentations-Assistent. Seit 2014 sind sie bayernweit im Einsatz, die NIDA-Pads, die aussehen wie ein Tablet im XXL-Format. Bereits am Einsatzort gibt der Rettungsdienst nach dem ersten Kontakt mit dem Patienten dessen Befunddaten zur Dokumentation in das Gerät ein. Jetzt ist am Klinikum Forchheim der Startknopf für eine Erweiterung des NIDA-Pads gedrückt worden: seit Beginn dieses Monats ist das NIDA-Arrivalboard im Einsatz. Es sieht aus wie eine Informationstafeln im Flughafen. Nur hängt der Bildschirm nicht im Terminal sondern im Eingangsbereich der Notaufnahme - und statt der Landung eines Fliegers wird das Eintreffen des Rettungswagens angekündigt, samt aller Daten, die zur Behandlung des Patienten wichtig sind. Diese Vernetzung zwischen Rettungskräften und Klinikum ermögliche es den Ärzten auf den ersten Blick zu erkennen, wer angeliefert werde, erläutert Krankenhausdirektor Sven Oelkers. Dr. Maximilian Baier, Oberarzt der Abteilung Unfallchirurgie und Orthopädie, präzisiert: "Früher haben wir die Patientendaten erst bei Übergabe vom Rettungswagen in die Notaufnahme erhalten, jetzt erhalten wir sie in Echtzeit, direkt vom Notfallort". Wenn zum Beispiel jemand nach einem Autounfall im Wrack des Wagens eingequetscht sei, könne man auf dem Monitor in der Notaufnahme die Fotos vom Unfallort ansehen und die Verletzungen viel besser einschätzen. Auch ein vor Ort geschriebenes EKG werde ebenfalls elektronisch übertragen und stehe den diensthabenden Ärzten vor Eintreffen des Patienten zur Verfügung. Das kann einen Zeitgewinn von zirka 20 Minuten bedeuten - und die Datenübermittlung funktioniere auch in der Fränkischen Schweiz, versichert Josef Kern, der Leiter des Rettungsdienstes.


Ampelfarben zeigen Dringlichkeit

Der Monitor in der Notaufnahme zeigt auch die Dringlichkeit des Falles - Ampelfarben signalisieren die Priorität : Bei einem Patienten, der nach einem Unfall ein Polytrauma erlitten habe, signalisiere die Farbe Rot höchste Priorität. Ebenso bei einem Schlaganfall, bei dem es auf eine schnelle Versorgung der Patienten ankommt. Die so genannte Lysequote - das heißt die Auflösung des Blutgerinsels mittels eines Medikamentes - habe sich durch NIDA verbessert, betont Thomas Schreiner, Projektmanager beim Zentrum für Telemedizin. Und Dr. Herwig Aßländer, Oberarzt der Internistichen Abteilung erklärt: je größer der Zeitverlust sei, desto mehr Zellen würden hinter dem Gerinsel absterben. Seit 14 Tagen läuft NIDA am Klinikum Forchheim in der Testphase und Krankenhausdirektor Sven Oelkers ist begeistert: "Die Verbindung zwischen den digitalen Systemen des Rettungsdienstes und denen des Klinikums stellt einen Quantensprung für alle drei Seiten dar: für den Patienten, den Rettungsdienst und für das Klinikum."