Die wollen doch nur spielen
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Nürnberg, Mittwoch, 27. März 2019
Zum 100. Geburtstag schenkt das Neue Museum in Nürnberg dem Bauhaus eine Ausstellung über das Spielen als Wurzel des kreativen Schaffens. Das erinnert nicht nur einmal an amerikanische Internetriesen wie Google oder Facebook.
Ein großer Gabentisch ist in Nürnberg für die legendäre Schule für Gestaltung aufgebaut, die heute vor 100 Jahren in Weimar gegründet worden ist. Im Zick-Zack-Kurs windet sich der Geburtstagstisch durch den Ausstellungsraum, den der britische Objektkünstler Liam Gillick wie einen geknickten Zollstock in Erinnerung an die Papierfaltungen aus den berühmten Bauhaus-Vorkursen von Josef Albers extra für die Ausstellung entworfen hat.
Über 100 Objekte aus über 100 Jahren befinden sich darauf. Vom bekannten Bauhaus-Schachspiel von Josef Hartwig aus dem Jahr 1924 bis zur ikonischen Google-Startseite der Gegenwart. Von den tatsächlichen Bauhaus-Pionieren der ersten Stunde bis zu den heutigen Bauhaus-Bewundern aus dem Silicon Valley.
Die beiden Kuratoren der Schau, Thomas Hensel und Robert Eikmeyer, haben die Ausstellungsstücke scheinbar wahllos auf dem Zick-Zack-Tisch eng nebeneinander drapiert. Die These der Nürnberger Geburtstagsparty für die Bauhaus-Schule lautet: Alles ist Bauhaus.
Das Spielen als Motor
Die spielerische Kultur des Bauhauses wird als roter Faden vorgestellt, der Kreativität über Räume und Zeiten miteinander verbindet. Ein "Assoziationsfeuerwerk" soll den Besucher von dieser Hypothese der Ausstellung überzeugen. Die Präsentationsfläche ist in acht Abschnitte gegliedert.
Beiträge von Reformpädagogen wie Maria Montessori oder Friedrich Fröbel dürfen darin nicht fehlen. Die Bauhaus-spezifische und heute mehr denn je glorifizierte Einbindung von Spielkonzepten und Spielräumen in die gestalterische Entwicklung fußt schließlich auf deren Konzepten. Die Bauhausschule wollte die menschliche Motivation zum Spielen als Motor für ihre Ideen der Entwicklung und Gestaltung nutzen. Los geht es mit einem kleinen Manifest.
Als allererstes Ausstellungsstück wird ein Plakat zur Antrittsvorlesung von Johannes Itten am Staatlichen Bauhaus in Weimar aus dem Jahr 1919 gezeigt, das mit der programmatischen Aufschrift "Unser Spiel, unser Fest, unsere Arbeit" das Spiel als Grundidee der Bauhaus-Bewegung vorstellt. "Warum konnte diese legendäre Gestaltungsschule bis heute so stilprägend werden und die Bauhaus-Lehre sich weltweit durchsetzen?", fragen sich die Ausstellungsmacher und liefern die Antwort gleich hinterher. Die Bauhaus-Meister hätten in der spielerischen Auseinandersetzung das zentrales Moment von Kreativität erkannt. Am Bauhaus hätten die Lehrer bewusst das Spiel ins Zentrum von Gestaltung gerückt. Feste feiern und Spaß haben auf dem Altar der entfesselten Fantasie.
Geistige Verbindung
Dieses einst gesellschaftliche und heuer eher profitorientierte Potenzial des Spiels im kreativen Prozess will die Ausstellung bis in die Gegenwart hinein verfolgen. In der digitalen Arbeitswelt sei das Spiel zum Produktivitätsmotor geworden. "Wir müssen heute alle kreativ sein. Ob wir wollen oder nicht", sind sich die Ausstellungsmacher sicher.