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Die Winzer bauen auf Gottes Hilfe


Autor: Günther Geiling

Steinbach, Sonntag, 20. Sept. 2020

In Steinbach pflegt man den alten Brauch und erbittet zu Beginn der Lese Hilfe von oben für den neuen Weinjahrgang.
Bei der Traubensegnung (von links) Pfarrer Matthias Rusin, Christian Schmitt, Weinprinzessin Anna-Lena Werb, Markus Brech, Sonja Horn, Martin Fischer, Traubenmädla Sorona Viernekäs und Erhard Virnekäs.


Steinbach — Die Segnung der ersten Trauben hat eine lange Tradition und wird schon im dritten Jahrhundert nach Christi bezeugt. Im Winzerort Steinbach hat man diesen alten Brauch vor einiger Zeit wiederbelebt. Am Sonntag feierte man zum 15. Male die Segnung der ersten Trauben mit einem Festgottesdienst. Pfarrer Matthias Rusin stellte das Gleichnis vom Weinberg in den Mittelpunkt. Darin stehe "die Arbeit im Weinberg für eine menschliche Lebensplanung, die auch von Angst, zu kurz zu kommen, beeinflusst ist".

Der Initiative des Heimatgeschichtlichen Arbeitskreises ist es zu verdanken, dass dieser Brauch in Steinbach wieder mit Leben erfüllt wurde. Seit 2006 gestalten Winzer aus dem Ort den Festgottesdienst und bringen die Trauben zum Altar, wo die Traubenweihe vorgenommen wird. Der Corona-Pandemie war es geschuldet, dass die Feier nicht in der St.Wendelin-Kirche, sondern auf dem Vereinsgelände der Sportfreunde Steinbach stattfand.

Mit von der Partie waren die Weinprinzessin des "Abt-Degen-Weintales" Anna-Lena Werb sowie Traubenmädla Sorona Virnekäs. Die Traditionsfigur des "Abt Degen" in der Person von Richard Schlegelmilch fehlte aus gesundheitlichen Gründen. Die Blaskapelle "Harmonie" umrahmte die Feier musikalisch.

Sonja Horn, die Vorsitzende des Heimatgeschichtlichen Arbeitskreises, stellte die Bedeutung des Segensgebetes heraus, das symbolisch für ein gutes Gelingen der Traubenernte und einem guten Wein stehen soll und das von Pfarrer Rusin gesprochen wurde: "Segne Herr auch diese neuen Trauben, die du, Herr, mit himmlischen Tau, mit Regen und in mildem und ruhigem Wetter zur Reife zu bringen dich gewürdigt hast."

Anna-Lena Werb, Weinprinzessin des Abt-Degen-Weintales, sagte Steinbach sei geprägt vom Weinbau und die Winzer zeigten, dass die ersten Schritte der Ernte mit dem Segen beginnen. Dass in Steinbach alle zusammenhalten, sehe man auch an diesem Fest.

Traubenmädla Sorona Viernekäs hielt ihren Prolog, den sie abschloss mit dem Satz: "Wir bitten Gott um sein Geleit, in den Weinberg hinauf und weit und breit."

Gottes Gerechtigkeit

Pfarrer Matthias Rusin stellte seine Festpredigt unter das Thema "Gerechtigkeit - hinschauen und mit den Winzern Gott für das danken, was wir von den Weinstöcken ernten". Viele Menschen würden das verkennen und es gebe auch Menschen, die "Gott ist gerecht" wie eine Drohung aussprächen. Das klinge dann wie der Wunsch nach einer "ausgleichenden Gerechtigkeit".

Der Evangelist Matthäus habe im Gleichnis von Barmherzigkeit, Güte und Großherzigkeit gesprochen und zum Ausdruck gebracht, dass Gott vielmehr auf den guten Willen und die guten Absichten der Menschen schaue. In der Weinberg-Geschichte erfahre man, dass alle Arbeiter genau den gleichen Lohn erhielten, egal ob sie den ganzen Tag schufteten oder erst eine Stunde vor Ende kamen.

"Warum sollten wir dann als Christen das ganze Leben die Gebote befolgen, wenn die anderen erst am Ende fromm werden und dann auch in den Himmel kommen? Oder: Welchen Sinn hat es dann gut zu sein, wenn die Schlechten sich im letzten Moment bekehren können?". Rusin stellte diese beiden provokanten Fragen in den Raum.

Mitarbeiter Gottes

Jesus stelle einen Gott vor, der nicht so denkt. Im Weinberg Gottes gehe es nicht um eine einfache Lohnabrechnung, sondern um viel mehr, um das Glück des Einzelnen. Wie Gott das abrechne, sei unbegrenzt oder unendlich. Auch mathematisch könne man Unendlichkeit nicht teilen. "Gott ist kein Sparkassendirektor", sagte der Pfarrer.

Vielmehr freue sich Gott darüber, wenn die Menschen zum Erfolg kommen. Sie sollen redlich miteinander leben können. "Gott lädt uns in seinen Weinberg ein, wo er uns seinen Weg in Richtung Hoffnung und Zuversicht zeigen wird", so Rusin. Es gebe keine bessere Erfüllung als Mitarbeiter Gottes zu sein und dafür sei es nie zu spät. Zwar stelle er manchmal alles auf den Kopf, aber bei ihm gelte gleiches Recht für alle.

Wie man den Steinbacher Winzern (Martin Fischer, Erhard Virnekäs, Karl Hömer, Markus Brech und Werner Schmittt) dann beim Umtrunk anmerkte und entnehmen konnte, sind sie mit dem diesjährigen Traubenjahr zufrieden, auch wenn es wechselhaft gewesen sei. Frost während der Zeit der Eisheiligen habe zahlreiche Schäden für die Winzer verursacht, aber nicht überall.

Klima im Wandel

Auch der Klimawandel werde anscheinend immer stärker. Die warmen Temperaturen ließen die Rebstöcke früher austreiben und dann genüge eine einzige kalte Nacht, um für große Ausfälle zu sorgen. Ebenso macht die Trockenheit den Winzern zunehmend zu schaffen, denn man erlebe nun schon den dritten trockenen Sommer.

Winzer Martin Fischer traf der plötzliche Frost bei seinem Weinberg auf der Haßberghöhe/Golfplatz stark. "Hier habe ich 80 Prozent Ausfall, während es im Maintal anders war und die Hänge durch den Nebel geschützt waren", sagte er.

Auch die Trockenheit habe noch Auswirkungen gehabt, aber er habe wässern können und wenn alles reif werde, könne er doch noch auf eine Ernte mit 60 Prozent kommen. Man sei also mit einem blauen Auge davon gekommen.

Werner Schmitt, der seinen kleinen Weinberg am Hang zum Maintal hat, ist weitgehend vom Frost verschont geblieben. "Wir sind sehr zufrieden und haben schon Silvaner und Müller-Thurgau geerntet. Natürlich war es in der Menge etwas weniger, aber wir haben die alten Lagen mit Steinmauern, in denen man nicht wässern kann." Junganlagen müsse man gießen und zahlreiche Winzer hätten ihre Weinberge inzwischen auch mit einer neuen Tropfbewässerung ausgestattet. Wenn man dort nämlich nicht gieße, gingen die Jungpflanzen kaputt.

Insgesamt zufrieden

"Weniger Wein als im vorigen Jahr, aber ein guter Jahrgang mit starker Fruchtausprägung", so das Fazit der Winzer. Bis zum Genießen muss man allerdings noch bis ins nächste Jahr warten. Als Vorbote darauf kann man aber in diesen Wochen schon den "Federweißen" kosten.