Die Welle ist fünfmal höher
Autor: Hans Kurz
LKR Bamberg, Mittwoch, 30. Dezember 2020
So hat sich das Corona-Geschehen im Landkreis seit dem Sommer verändert. Die Zahl der Infizierten und zuletzt auch der Toten steigt rasant. Eine Entspannung ist noch nicht abzusehen.
Erinnert sich noch jemand an die Corona-Ampel? Die wurde am 17. Oktober in Bayern eingeführt. Im Landkreis Bamberg leuchtete sie anfangs grün, sprang aber bereits am 22. Oktober auf Gelb - und drei Tage später auf Rot. Dass die Ampel dann am 1. November auf die kurz zuvor in eingeführte Stufe Dunkelrot schaltete, machte - was die Verschärfung der Infektionsschutzmaßnahmen betrifft - auch keinen Unterschied mehr, denn zwei Tage darauf trat bundesweit der sogenannte Lockdown light in Kraft.
Sieben-Tage-Inzidenz noch höher
An diesem Mittwoch lag die vom Robert-Koch-Institut (RKI) festgestellte Sieben-Tage-Inzidenz, die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner, im Landkreis Bamberg bei 142,7 (Zur Erinnerung: Bei der Ampel bedeutete Gelb über 35, Rot über 50 und Dunkelrot über 100). Der tatsächliche Wert liegt wohl noch höher. "Man darf sich nicht von der derzeit niedrigen Sieben-Tages-Inzidenz des RKI täuschen lassen. Aufgrund von Verzögerungen in der Erfassung dort bilden die Zahlen nicht das tatsächliche Infektionsgeschehen ab", sagt Frank Förtsch, Sprecher des Landratsamts - und damit auch des für Stadt und Landkreis zuständigen Gesundheitsamts.
War der Landkreis Bamberg lange einer der helleren Flecken auf der bayerischen Coronakarte, so ist er jetzt irgendwo mittendrin zwischen Coburg-Land (RKI-Wert 341,7) und Kitzingen (62,5). Beruhigend ist diese neue Normalität aber beileibe nicht. Vor allem mit Blick auf die kommende Silvesternacht. Eindringlich warnen Gesundheitsexperten und Politiker vor Partys und Feuerwerk. Denn in der Silvesternacht schnellen traditionell die Notaufnahmen in den Krankenhäusern in die Höhe, was in diesem Jahr zu einem Kollaps bei der medizinischen Versorgung führen könnte. Und von den insgesamt 51 Intensivbetten der Kliniken in Bamberg, Scheßlitz und Burgebrach, die dem RKI gemeldet sind, waren laut intensivregister.de am Mittwochmittag gerade noch zehn frei. 16 der Betten wurden von Covid-19-Patienten benötigt, von denen fünf invasiv beatmet werden mussten. Die Zahl zeigt, dass mit dem Coronavirus SarsCoV-2 nicht zu spaßen ist.
Zahl der Todesfälle hat sich verdoppelt
Auch die stark steigende Zahl der Todesfälle ist ein klares Indiz. Am Mittwoch ist sie auf 127 in Stadt und Landkreis gestiegen. Damit hat sich die Zahl der Corona-Toten seit beginn der zweiten Welle mehr als verdoppelt. Mitte September hatte das Gesundheitsamt den 60. Todesfall gemeldet, den ersten nach drei Monaten. Wie im April und Mai sind Alten- und Pflegeheime am stärksten betroffen. "Der weit überwiegende Teil der schwer Erkrankten und Verstorbenen kommt aus diesem Bereich", teilt Förtsch auf Nachfrage mit. Es gab aber seit Herbst auch schon jüngere Todesopfer.
Zumindest was das Infektionsgeschehen in den Heimen betrifft, so gibt es offenbar Anzeichen für eine Besserung. "Die Ausbrüche, die wir dort gesehen haben, flachen ab. Es treten nur noch vereinzelte Infektionen auf", sagt Förtsch. "Die Einschränkungen scheinen zu wirken. Durch die Pflicht, Pflegepersonal zweimal pro Woche zu testen, werden Infektionen frühzeitig erkannt."
1600 Neuinfektionen im Dezember
Die Zahl der nachweislich Infizierten steigt dennoch rasant weiter. Zuletzt von Dienstag auf Mittwoch im Landkreis um 62. Fast 1000 Menschen tragen damit zu Silvester den Covid-19-Erreger in sich. Das ist einer von 150. Das klingt nicht viel, ist aber angesichts der leichten Übertragbarkeit eindeutig zu viel. Zudem gibt es wahrscheinlich weiterhin aufgrund der oft nur schwachen und manchmal gar nicht auftretenden Symptome eine hohe Dunkelziffer. Auch ist immer noch nicht eindeutig klar, ob sich die Entwicklung über die Weihnachtsfeiertage schon in den aktuellen Fallzahlen widerspiegelt.
Klar ist hingehen, wo sich die Ansteckungen häufen. "Die Mehrzahl der Infektionen kam bisher aus dem privaten Bereich", fasst Förtsch die Erkenntnisse des Gesundheitsamtes zusammen. Waren die Kontaktnachverfolger bis vor zwei Wochen vor allem damit beschäftigt, bei bis zu zwei Dutzend Infektionsfällen an Schulen mehrere Hundert Kontaktpersonen zu ermitteln.
Wie dramatisch die aktuelle Entwicklung ist, zeigt sich auch daran, dass im Dezember die mit Abstand meisten Infektionen in diesem Jahr verzeichnet wurde "Wir steuern auf 1600 Neuinfektionen im Dezember zu", sagte Förtsch am Mittwoch. Die zweitmeisten Fälle gab es mit 1202 im November. Im April, auf dem Höhepunkt der ersten Welle, wurden nur 310 gezählt. "Die zweite Welle ist also gut fünfmal so stark ausgeprägt wie die erste im Frühjahr", stellt Förtsch fest. Und noch ist nicht abzusehen, ob der Scheitelpunkt jetzt schon erreicht oder gar überschritten ist.