Die Versionen einer Schlägerei
Autor: Michael Busch
Erlangen, Dienstag, 30. April 2019
Eine Schlägerei vor dem Juice Club in Erlangen wurde vor dem Erlanger Amtsgericht verhandelt. Zwei Angeklagte sollten sich für ihre Taten verantworten. Doch zuvor mussten die Zeugen gehört werden.
Michael Busch Zeuge 1: "Der Stefan hat den Klaus geholt und da war Karl, dabei, der musste aber aufs Klo." Zeuge 2: "Ich habe Stefan draußen getroffen und Karl war gar nicht da." Zeuge 3: "Klaus hat Karl und Stefan geholt, um zusammen raus zu gehen." Kompliziert? Ja, ist es. Aus Aussagen dieser Art musste das Schöffengericht unter dem Vorsitz des Richters Wolfgang Pelzl am Amtsgericht Erlangen herausfinden, was am 18. November im vergangenen Jahr vor dem Jugendclub Juice Club in Alterlangen tatsächlich passiert ist.
Einigkeit in wenigen Dingen
Als Grundlage zur Orientierung diente zunächst einmal die durch die Staatsanwältin vorgetragene Anklage. Die zwei Beschuldigten im Gerichtssaal sollten an besagtem Datum auf einen Partybesucher eingeschlagen haben. Das Opfer sei verletzt worden und habe letztlich eine offene und blutende Augenbraue davongetragen. Gefährliche Körperverletzung zum einen und vorsätzliche Körperverletzung zum Anderen lauten die Straftaten, die es zu bestrafen galt. Davor stand aber die Aufgabe in der Beweisaufnahme herauszufinden, was sich zugetragen hat und ob die Vorwürfe überhaupt stimmen.
Einig waren sich Beschuldigte und Zeugen bei Einzelheiten. Man war sich einig, einen Geburtstag einer Freundin gefeiert zu haben. Man war sich einig, dass der eine Angeklagte nicht eingeladen war, aber vom zweiten Angeklagten mitgebracht werden durfte. Es gab im Vorfeld wohl einen Kuss des vermutlichen Haupttäters auf die Stirn des Geburtstagskindes.
Aber dann gehen die Wahrnehmungen weit auseinander. Der Angeklagte schildert, dass er einen Totalbetrunkenen nach draußen gebracht habe, da dieser so schlecht aussah. "Ich dachte, der kackt ab", erklärte er. Dort sei er von einem weiteren Gast, dem Freund des Partners der Gastgeberin, angemacht worden, was er da mache und die Finger von dem Mann lassen solle. Er habe dann zurück ins Haus gehen wollen, der Fragende habe ihn aber nicht vorbeigelassen. Die Situation sei eskaliert, er habe den Wegelagerer geschlagen und dieser ihn selbst. Bei der Rangelei seien beide zu Boden gefallen, und als alles vorbei war, sei die Polizei schon da gewesen.
Unklar wird es dann bei den Details in den Aussagen. Es tauchen Becher auf, die die beiden Kontrahenten geworfen haben sollen. In einer Schilderung nur der Angeklagte, in einer anderen Schilderung warfen beide. In einer dritten Version habe man sich nur die Inhalte gegenseitig übereinandergeschüttet.
Auch bei der Frage, wer von den weiteren Gästen sich eingemischt habe, gibt es unterschiedliche Auffassungen. Mal sei der zweite Angeklagte dabei gewesen, mal nicht. Es soll zu einem Kopfstoß gekommen sein, es soll einen Nervenzusammenbruch und ein Asthmaanfall gegeben haben. Einmal wurde die Polizei durch das Opfer gerufen, einmal kam die Polizei, weil Gäste einer weiteren Party, diese informiert hätten.
Nach über zwei Stunden Zeugenvernehmung war zumindest eines schnell klar. Der zweite Angeklagte wurde freigesprochen. Kein Zeuge hatte ihn belastet, so dass dem angehenden Kinderpfleger auch keine Strafe drohte. "Halten Sie sich aus Schlägereien heraus", gab Pelzl dem sichtlich erleichterten Mann mit auf den Weg.