Die Truppen der Intendantin
Autor: Christoph Hägele
Bamberg, Freitag, 06. April 2018
Vor den entscheidenden Sitzungen über die Zukunft von Sibylle Broll-Pape melden sich Unterstützer zu Wort. Fast zeitgleich gehen der Theaterverein und das Ensemble des E.T.A.-Hoffmann-Theaters an die Öffentlichkeit.
Christoph Hägele
Was den Eindruck einer abgestimmten Aktion erwecken könnte, ist wohl doch nur Zufall. Vier Tage, bevor sich auch der Personalsenat der Stadt Bamberg mit der Vertragsverlängerung von Sibylle Broll-Pape beschäftigen wird, lancierten am Freitag sowohl das Ensemble des E.T.A-Hoffmann-Theaters als auch der Theaterverein Bamberg Offene Briefe. Beide Schriftstücke stärken in einer entscheidenden Phase die Position Broll-Papes. "Mit dem Brief des Theatervereins haben wir nichts zu tun", widersprach Daniel Seniuk allerdings dem Anschein koordinierten Verhaltens. Der Schauspieler ist Ensemble-Sprecher am E.T.A.-Hoffmann-Theater.
Voraussichtlich am 25. April wird der Stadtrat darüber entscheiden, ob er den im Jahr 2020 auslaufenden Vertrag mit der Intendantin des E.T.A.-Hoffmann-Theaters verlängern wird.
Obwohl sich der Kultursenat der Stadt bereits mehrheitlich für eine Vertragsverlängerung ausgesprochen hat, konnten die Kritiker Broll-Papes durch eine offensive Pressepolitik die Debattenhoheit zuletzt an sich reißen.
So spitzte Dieter Weinsheimer, Fraktionsvorsitzender der Bamberger Allianz (BA), seine Kritik an der Intendantin erst im Fränkischen Tag vom 5. April mit neuen Mutmaßungen zu. Ohne seine Quelle zu nennen, sprach Weinsheimer mit Blick auf das Bamberger Theater von "üblen Druckmethoden und Spaltung der Angestellten". Gerade vor dem Hintergrund dieser Vorwürfe ist das Schreiben des Bamberger Ensembles als Einspruch und Zurückweisung zu interpretieren.
Die Rede ist von einem "tendenziösen Artikel", in dem sich das Ensemble nicht wiedererkenne. "Ich weiß nicht, von wem Herr Weinsheimer seine Informationen hat. Sie entsprechen aber nicht dem, wie wir Schauspieler die Stimmung am Theater wahrnehmen", sagte Seniuk am Freitagnachmittag auf Nachfrage.
Im Widerspruch zum Informanten Weinsheimers beschreibt das Ensemble die Zusammenarbeit mit Broll-Pape als geprägt von "größter Offenheit, einer starken Meinungsvielfalt, von manchmal zeitaufwendigen, aber deshalb auch fruchtbaren Diskussionen." Das Schreiben des Ensembles gipfelt in einem leidenschaftlichen Bekenntnis: "Wir, das Ensemble des E.T.A.-Hoffmann-Theaters, stehen voll und ganz hinter der gemeinsamen Arbeit mit der Intendantin Sibylle Broll-Pape."
"Kollegial und erfolgreich"
Verfasst hat Seniuk den "vom Ensemble mehrheitlich mitgetragenen" Offenen Brief gemeinsam mit seiner Sprecherkollegin Ronja Losert. Als Kommentar in Sachen Vertragsverlängerung gewertet wissen will Seniuk den Brief jedoch nicht: "Allerdings ist Frau Broll-Pape kollegial und erfolgreich. Ich hätte sicher nichts dagegen, wenn ihr Vertrag verlängert werden sollte."
Wie das Ensemble rückt auch der Theaterverein die künstlerischen Verdienste Broll-Papes in ein günstiges Licht. Der Verein attestiert Broll-Pape ein Theaterverständnis, das die Sensibilität für Gegenwartsfragen mit dem Respekt vor "großen kanonischen Theaterautoren" verbinde.
"Wir sprechen uns mit großem Nachdruck für eine Verlängerung des Vertrags von Frau Broll-Pape aus", heißt es in dem von Friedhelm Marx und Heiner Kemmer unterschriebenen Brief des Theatervereins.
Der inhaltlichen Kritik am laut Weinsheimer "sozialpädagogischen Politiktheater" Broll-Papes begegnet der Verein mit Lakonie: "Kein profiliertes, engagiertes Theater wird es allen recht machen können."
Umso entschiedener formuliert der Theaterverein dort, wo er die Publikumsauslastung des Theaters in den Blick nimmt. Die in der laufenden Saison mit 81 Prozent bezifferte Auslastung nennt der Verein als "aus unserer Sicht vollkommen zufriedenstellend". Das Schreiben des Theatervereins war den Fraktionsbüros im Stadtrat bereits am 28. März zugestellt worden. An den Fränkischen Tag geschickt wurde es am gestrigen Freitag von der Stadt Bamberg.
"Überregionale Strahlkraft"
Als ob die Stadt dem Schreiben des Theatervereins ihrerseits noch Nachdruck verleihen möchte, leitete Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar wenig später auch noch eine Pressemitteilung des Theaters weiter: Stolz verkündet das Haus darin, erstmals bei den renommierten Ruhrfestspielen in Recklinghausen vertreten zu sein. Mit der Einladung für "Der Westen" stelle das Bamberger Theater seine "überregionale Stahlkraft und künstlerische Relevanz unter Beweis". Regie geführt hat bei diesem Stück niemand anderes als Sibylle Broll-Pape.