"Die Stadt ist wirklich tot"
Autor: Andreas Oswald
Forchheim, Mittwoch, 01. Juni 2016
Für aufgeregte Diskussionen im Stadtrat sorgen die vielen Baustellensperrungen und die prekäre Parkplatzsituation in der Innenstadt. Bei der Suche nach Lösungen sind sich selbst die Grünen nicht mehr grün.
Andreas Oswald
Mit dem Weckruf "Lasst doch die Autos rein - die Stadt ist wirklich tot", löste Heike Schade (FGL) heftige Diskussionen im Stadtrat aus. Dabei wurde deutlich, dass sich die Grünen bei der Beurteilung der Verkehrssituation und den Lösungsmöglichkeiten selbst nicht grün sind. Denn während Schade die Baustellensperrungen und den Parkplatzmangel für den Geschäftsrückgang in der Innenstadt verantwortlich macht und mehr Stellfläche fordert, ist ihre Fraktionskollegin Anette Prechtel der Meinung: "Man kommt nach wie vor in Forchheim dort hin, wo man will - nur nicht direkt vor die Tür."
Heike Schade, die selber Geschäftsfrau ist und im Kreis der "Innenstädter" aktiv ist, erklärte, dass sie mit Einzelhändlern und der Werbegemeinschaft über die momentane Situation gesprochen habe.
Sie stellte im Stadtrat klar: "Wir haben wirklich ein dringendes Problem". Die Händler in der Forchheimer Innenstadt erlebten bei der Kundenfrequenz einen Einbruch bis zu 70 Prozent. Der Umsatzrückgang liege bei 20 bis 30 Prozent. "Viele Kunden sagen schon jetzt, sie führen lieber nach Erlangen", betonte Heike Schade.
Bei den Alternativparkplätzen bemängelte sie die schlechte Ausschilderung. Man brauche bei Baustellenumleitungen eine Verkehrsführung, die die Fahrzeuge in die Stadt hereinleite, erklärte die Stadträtin der Grünen.
Sprachlos?
Markus Schmidt (CSU) äußerte sich darob verwundert: "Kommunizieren Sie eigentlich nicht miteinander - Ihre Fraktion ist doch gegen die Ausweisung von Parkplätzen auf dem Paradeplatz." CSU-Fraktionsführer Udo Schönfelder zeigte sich erfreut, dass die FGL-Stadträtin die Ansichten der CSU teile.
Man sei schon immer der Meinung, dass es für Autofahrer möglich sein müsse, in die Stadt fahren zu können. Man müsse in der momentanen Situation "einmal alle Fünfe gerade sein lassen" und mehr Parkplätze am Paradeplatz ausweisen. Bei der ganzen Debatte vermisst Schönfelder - in Anspielung auf Wirtschaftsförderer Viktor Naumann - eine "deutliche Positionierung des City-Managers". Auch Josua Flierl (CSU) gab Heike Schade recht. Es herrsche ein Kampf zwischen der Außen- und Innenstadt - wenn man den Stadtkern dicht mache, habe der Innenstadthandel verloren.
Der Leiter des Straßenverkehrsamts, Roland Brütting, erklärte, man habe bewusst auf die Sperrung des Marktplatzes verzichtet. Natürlich mache man sich Gedanken über die Erreichbarkeit der Innenstadt. Man könne aber Sperrungen auf Grund von Bautätigkeiten nicht verhindern. So müsse beispielsweise in Kürze auch in der Wiesentstraße ein Kran aufgestellt werden.
Alternative Kronengarten
Mathilde Hartmann (CSU) zeigte kein Verständnis, warum an der Mauer entlang des Pfalzgrabens nicht offiziell geparkt werden dürfe. Hier wäre Platz für mindestens fünf Autos. Inoffiziell werde die Fläche abends ohnehin von Kneipengängern ungeniert zugestellt. Lisa Hoffmann (SPD) forderte auf, das Parkhaus Kronengarten besser auszuschildern und bekanntzumachen - denn dort gebe es noch genügend freie Parkplätze. Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD), erinnerte, dass lediglich die Bereitstellung von zusätzlichen Parkmöglichkeiten auf dem westlichen Paradeplatz zur Abstimmung stehe. Es gehe zum jetzigen Zeitpunkt nicht um eine Grundsatzdebatte zur Verkehrsplanung .
Anette Prechtel von den Grünen hingegen erklärte, dass die Ausweisung von 20 Parkplätzen keine Lösung sei. Zudem übte sie Kritik an Zeitungsschlagzeilen wie "Forchheims Innenstadt ist dicht" - und vermisst eine öffentliche Reaktion der Stadt. Dem OB hielt sie vor, nicht über das Gesamtproblem diskutieren zu wollen. "Das lasse ich mir nicht vorwerfen", konterte Kirschstein. Eine solche Diskussion müsse aber im entsprechenden Ausschuss stattfinden. Was ihn bei der ganzen Debatte ärgere sei, dass jeder Vorschlag zerredet werde. Er als SPD'ler sei nie für eine Beparkung des Paradeplatzes gewesen, gestand Kirschstein, "aber ich bin auch kompromissbereit". Manfred Hümmer (FW) schickte an Prechtels Adresse: "Ästhetische Aspekte zählen jetzt nicht - es gibt ein temporäres Problem, das gelöst werden muss".