Die "Schnapsbodaggn" mit gelber Blüte
Autor: Manfred Welker
Herzogenaurach, Mittwoch, 26. Oktober 2016
Trotz des kühlen Wetters sind derzeit in manchen Gärten der Region noch gelbe Farbtupfer anzutreffen. Dabei handelt es sich um Topinambur, die letzten Blume...
Trotz des kühlen Wetters sind derzeit in manchen Gärten der Region noch gelbe Farbtupfer anzutreffen. Dabei handelt es sich um Topinambur, die letzten Blumen, die noch vor dem ersten Frost aus dem Garten ins Haus geholt werden können.
Bei Topinambur handelt es sich um einen Korbblütler, lateinisch Helianthus tuberosus, der oberirdisch einer hohen Sonnenblume mit kleinen Blüten ähnelt. Unterirdisch bildet die Pflanze schmackhafte Knollen aus, die frosthart sind. Sie können als Gemüse verzehrt werden und schmecken leicht nußartig. Es gibt verschiedene Sorten der Pflanze, von denen einige bis zu vier Meter hoch werden können.
In Herzogenaurach wurden die Knollen früher als "Schnapsbodaggn" bezeichnet, mit gutem Grund, wie ein Schreiben des damaligen Landrats Valentin Fröhlich mit dem Betreff "Verbot des Anbaues von Topinambur" vom 20. Februar 1946 an sämtliche Bürgermeister erkennen läßt.
Denn was sich heutzutage als Zierpflanze im Garten befindet, wurde 1946 aus ganz anderen Gründen angebaut.
"Der Anbau von Topinambur zum Brennen für Alkohol nimmt im Landkreis einen derartigen Umfang an, dass ich mich veranlasst sehe, diesen Anbau von meiner persönlichen Genehmigung abhängig zu machen", lässt Fröhlich die Bürgermeister in seinem Schreiben wissen. Bis zum 28. Februar 1946 sollte die Anbaufläche gemeldet werden, ausgeschieden nach Besitzer und Feldgröße.
Wer weiterhin Topinambur anbauen wollte, sollte diese zunächst seinem Bürgermeister schriftlich mit Anbaufläche und Quadratmeter melden. Fröhlich stellte aber in Aussicht, dass größere Anbauflächen nicht genehmigt würden, höchstenfalls schwer zu bearbeitende Reste von Grundstücken.
Flächen sinnvoller nutzen
Da Topinambur für die menschliche
Ernährung damals nicht infrage kam, Rohkostsalate waren noch nicht sehr verbreitet, wollte Fröhlich die Anbaumöglichkeit unterbinden. Die vorhandenen Ackerflächen wurden dringend für die Ernährung der Bevölkerung benötigt. Wie Fröhlich damals der Überzeugung war, konnte man sich den Luxus nicht leisten, landwirtschaftliche Grundstücke mit guter Ertragsmöglichkeit für den Anbau von Luxusgewächsen zu verwenden.Die Verfügung wurde im Amtsblatt veröffentlicht, außerdem sollten die Bürgermeister die Ortseinwohner durch die Ortsglocke vom Inhalt in Kenntnis setzen. Aus Herzogenaurach kam damals die Rückmeldung, dass sich keine Anbauflächen mit Topinambur auf dem Gebiet der Stadt befinden würden.