Die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs waren vor 100 Jahren nicht nur an der Front zu spüren.
Im November 1918, vor 100 Jahren, ging der Erste Weltkrieg zu Ende. Neben den Erlebnissen der Soldaten an der Front erlauben private Aufzeichnungen einen Blick auf die Situation der Bevölkerung in Herzogenaurach.
Nach über vier Jahren Krieg war die Versorgungslage für die Bevölkerung sehr schwierig geworden. Die Teuerung bei den Nahrungsmitteln führte der damalige Herzogenauracher Stadtpfarrer Joseph Müller (Pfarrer in Herzogenaurach von 1913-1930) vor allem auf den "Aushungerungskrieg" der Engländer zurück. "Geschäftsleute geben vielfach an Landleute nur Waren ab, wenn sie mit Lebensmitteln bezahlt werden." Er schrieb: "Not an allem, nicht nur an Fleisch und Fett und Brot, sondern auch an Zucker (Café ohne Zucker), an Kohlen, Gas, Petroleum (die Beleuchtung der Straßen fast ganz eingestellt, auch in den Häusern nur Gas bis abends 1/2 8 Uhr), Mangel an Stoffen, sogar die weißen Kleider am weißen Sonntag fehlen vielfach. Unsere Toten sollen nur mehr mit Kleidern aus Papier bekleidet werden, damit die den Lebenden so notwendigen Stoffe erhalten bleiben."
Das Ende der Monarchie
Für Deutschland war 1918 der Krieg bereits in das fünfte Jahr eingetreten. Bereits im Juli 1918 waren 126 Soldaten der katholischen Pfarrei von Herzogenaurach als tot gemeldet. Eine neue Tafel für die Namen der Toten in der Stadtpfarrkirche musste angeschafft werden.
Stadtpfarrer Müller notierte in der Chronik: "Und nun das Ende - das schreckliche Ende!" In der Nacht vom 7. auf den 8. November 1918 wurde in München die Revolution und der Freistaat Bayern als Volksstaat proklamiert. "Man kann es nicht fassen, dass gerade unser alter, guter König Ludwig als erster vom Thron in Deutschland gestoßen wurde", so Müller.
In Herzogenaurach traf am 11. November 1918 um 13 Uhr ein rot beflaggtes Auto mit Insassen aus Fürth ein. Die Bevölkerung wurde durch Ausschellen aufgefordert, sich um 13 Uhr auf dem Marktplatz einzufinden. Dort machten die Vertreter des Arbeiter- und Soldatenrates die Anwesenden mit der durch den Umsturz geschaffenen Lage bekannt. Die Namen der Arbeiter- und Soldatenräte wurden verlesen und die Anwesenden sollten mit Handheben ihre Zustimmung signalisieren. Der Magistrat von Herzogenaurach sollte unter Aufsicht der Arbeiter - und Soldatenräte weiter arbeiten können. Auch im Finanzamt und im Amtsgericht wurden die Beamten zur Arbeit unter dem neuen Regiment verpflichtet. Andernfalls war ihnen freigestellt, zu gehen.
Am 20. November 1918 ließ der Arbeiter- und Soldatenrat in Herzogenaurach ins Reich zurückströmende Soldaten in die Schulen einquartieren. Am 21. November wurde eine Standmusik am Marktplatz abgehalten. Es gab sogar im Advent Tanzbelustigungen. "Viele taten, als ob wir England, Frankreich und Amerika im Sack hätten. Dabei haben die uns im Sack und zwar so kräftig, dass uns bald der Atem ausgehen wird", resümierte Müller. Am 12. und 13. Dezember trafen die 14. und 16. Sanitätskompanie zur Demobilisierung in Herzogenaurach ein. Es fand eine Pferdeversteigerung statt, Heeresgut wurde zu Spottpreisen verkauft oder gar gestohlen.
Aus Anlass der Heimkehr der Soldaten wurde am 22. Dezember ein Dankamt in der Stadtpfarrkirche gehalten. Im Jahr 1918 waren nochmals 36 Gefallene zu verzeichnen gewesen. Ihrer wurde am 23. Dezember 1918 in einem Trauergottesdienst gedacht. Für die Turmknopfurkunde der Stadtpfarrkirche schrieb Pfarrer Franz Rathgeber im Jahr 1932 zu den Opfern des Krieges: "Aus der Kirchengemeinde Herzogenaurach fielen auf dem Felde der Ehre 178 Krieger, aus der Stadt allein 128."