Die nächste Welle fest im Blick
Autor: Sabine Memmel
Forchheim, Mittwoch, 07. Oktober 2020
Deutschlandweit steigen Corona-Zahlen. Was passiert, wenn sich das Virus in Forchheim wieder stärker ausbreitet? Mit dem FT haben sechs Forchheimer über ihre Ängste, Sorgen und Zukunftspläne gesprochen.
Sabine Memmel Kein Besuch, keine Friseuse, keine Fußpflege, keine Physiotherapie. Für Irmgard K. die schmerzlichsten Einschränkungen während des wochenlangen Lockdowns im Frühjahr.
Kurz vor Corona, Ende Februar, kam die 85-Jährige ins Seniorenzentrum am Königsbad des Roten Kreuzes. Nach einem Sturz, bei dem ihr rechter Arm schwer im Mitleidenschaft gezogen wurde, war an ein unabhängiges und selbstständiges Wohnen nicht mehr zu denken. Die Forchheimerin kam direkt aus dem Krankenhaus ins Pflegeheim. Ihr Mann zog drei Wochen später ein. "Das war wirklich auf den letzten Drücker. Kurz darauf durfte keiner mehr rein", erinnert sich Irmgard K, die mit Mundschutz und Rollator im Kiosk des Seniorenzentrums sitzt. In der Hand ein kleines Notizbuch, extra für das Interview mit dem FT mitgebracht. "Ich will ja nichts vergessen zu erzählen."
Seitdem lebt sie mit ihrem Mann in einer Doublette. Sie teilen sich zwei Zimmer und ein gemeinsames Bad. Ihre drei Kinder und sieben Enkelkinder durften nicht zu ihnen. "Sie standen aber oft am Fenster und haben nach oben telefoniert", erzählt Irmgard K.
Letzte Woche strengere Regeln
Inzwischen ist Besuch wieder ganz normal erlaubt. Natürlich unter den geltenden Hygienebedingungen. Außer letzter Woche. Als die Zahl der Corona-Infizierten in Forchheim kurzzeitig wieder stieg, reagierte das Seniorenzentrum prompt: "Für ein paar Tage war nur noch ein festgelegter Besucher pro Bewohner erlaubt", sagt Pflegedienstleiterin Silvia Kuhn.
Und wenn die Zahlen wieder steigen? Die Bewohner wieder abgeschlossen sind von der Außenwelt? Irmgard K. sieht dem gelassen entgegen: "Langeweile kann man hier nicht haben. Der Tag ist durchstrukturiert. Ich habe mal gezählt: Bis 20 Mal kommt jemand zu dir ins Zimmer. Waschen, Medikamente, Essen, Spielen - der Tag geht schnell rum." Auch Kuhn findet, dass weniger die Bewohner selbst als vielmehr die Angehörigen mit der langen Trennung während des Lockdowns zu kämpfen hatten. "Manche kamen täglich. Das war schon ein harter Bruch."
Verantwortungsbewusst bleiben
Ob sie selbst eine zweite Welle fürchtet? "Ich kann nur an das Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen appellieren. Wir sind einfach ein Risikobereich." Bisher hat es keinen Coronafall im Seniorenzentrum gegeben. Kuhn klopft auf den Holztisch vor ihr. Das soll auch so bleiben.