Druckartikel: "Die Mali" ist in Stadtsteinach ein Begriff

"Die Mali" ist in Stadtsteinach ein Begriff


Autor: Siegfried Sesselmann

Stadtsteinach, Montag, 04. Januar 2016

Wir blicken auf die Geschichte von bekannten Gasthöfen in der Region.
Rechts der Gasthof "Zum Goldenen Hirschen" mit seinem Vorgarten. Seit 1990 steht an seiner Stelle ein Podium für die Gäste. Über die Bierwirtschaft Michael Bauerschmidt (heute Volksbank) wird ein weiterer Artikel berichten.


"60 Jahre x 50 Wochen x 100 halbe Hähnchen = ???" - so ungefähr könnte die Rechnung lauten, die ein Lehrer seinen Schülern als Textaufgabe zur Bearbeitung stellt. "Ein Gasthof hat 50 Wochen im Jahr geöffnet. Es werden dort pro Woche durchschnittlich 50 ganze Hähnchen zubereitet - und das schon seit 60 Jahren. Wie viele halbe Hähnchen wurden bisher verkauft?"

In Stadtsteinach und Umgebung verbinden viele mit dem Gasthof "Bei der Mali" herrlich knusprige Hähnchen. Viele Urlaubsgäste, Biker und Motorradgruppen halten regelmäßig auf dem Marktplatz, um diese Spezialität zu genießen. Doch der Gasthof "Goldener Hirsch" hat eine lange Tradition und vielfältige andere Schwerpunkte, die es wert sind, wieder in Erinnerung gebracht zu werden.

Am 28. März 1797 wütete in Stadtsteinach ein Großfeuer - und die westliche Häuserzeile von der Forstamtstraße 2 bis zur Kulmbacher Straße 3 (heute Ploner) wurde ein Raub der Flammen. Die Häuser waren alle nur einstöckig, doch beim Wiederaufbau entschloss man sich, die Gebäude zweistöckig mit großen Dachböden zu errichten. So wurde auch das Haus Nummer 108, heute Markplatz 12, erbaut. Der damalige Besitzer, der Gastwirt Johann Caspar Wilhelm, setzte voller Stolz über die große Toreinfahrt einen Türstein mit seinen Initialen und der Jahreszahl 1798.

Schon ein Jahr nach dem Großfeuer im Jahre 1797 an der westlichen Häuserzeile des Marktplatzes wurde das Haus Nummer 108 errichtet.

Nach dem frühen Tod seines Sohnes Kasimir Wilhelm 1832 kam der Gastwirt und Metzger Johann Schott, der in dieses stattliche Gasthaus mit Stallungen einzog. Er übernahm es mit "Schildgerechtigkeit", was in früheren Jahrhunderten das Recht bezeichnet, dass der Wirt ein Schild anbringen durfte.

Es wies auf ein öffentliches Gewerbe hin und zeigte an, dass Fremde hier eine Herberge mit Speis und Trank finden konnten. Des Weiteren konnten hier Gesellschaften wie Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen stattfinden.

Johann Schott war verheiratet mit Katharina Gareis aus der heutigen Kronacher Straße 2. In einer Übersicht aus dem Jahre 1855 über die Grundeigentümer von Stadtsteinach wurde Johann Schott mit 104 Tagwerk Grund an erster Stelle genannt. Der ältere Sohn Michael Schott (1847 bis 1894) lernte das Metzgerhandwerk und übernahm das elterliche Erbe. Mit seiner Frau Margareta, geborene Knoll hatte er fünf Kinder.

Der älteste Sohn, Adam Schott, wurde Buchhalter und ehelichte Anna Hohner aus der Kulmbacher Straße 5. Georg Schott, genannt Wilhelm, baute 1932 in der Spitalgasse das Lokal die "Schotts Höhe" und war verheiratet mit Emma Hohner aus Wartenfels. Der jüngste Sohn Max Schott wurde Bäcker und blieb ebenso wie die Schwester Emma ledig. Der zweite Sohn, Franz Schott (1883 bis 1943), übernahm 1916 mit seiner Frau Katharina, geborene Schneider aus Marktplatz 14, die Tochter des Glasers und Schreiners Karl Schneider, die Gastwirtschaft.

In den Jahren zwischen Michael Schott und dessen Sohn Franz Schott muss ein weiter Pächter in der Metzgerei und Gastwirtschaft gewesen sein. In einer Werbung aus dem Jahre 1909 preist ein Georg Rudroff, der sich selbst als Pächter bezeichnet, im Gasthof "Zum Goldenen Hirschen" "Gute bürgerliche Küche mit zivilen Preisen, eigene Schlächterei, geräumigen Saal und gute Betten" an. Dieser Georg Rudroff war Metzger und stammte aus der Schmiede in Triebenreuth 6, ehelichte 1906 aus der Gaststätte "Schwalb" am Marktplatz 15 seine Ehefrau Gertraud - und beide zogen nach Wuppertal.

Der Gastwirt Franz Schott und seine Frau Katharina hatten zwei Kinder. Der große Sohn Leopold Schott (1917 bis 1986) wurde Kammermusiker und ist durch die Leitung von Jugendkapellen, mit denen er die Welt bereiste, bekannt geworden.

Seine Schwester Amalie Schott heiratete im Jahre 1942 den Elektroinstallateur Helmut Gärtner. Dieser war während des Zweiten Weltkrieges in Stadtsteinach bei der Einquartierung von Oberschlesier-Soldaten stationiert - und anscheint lernten sich beide in der Gastwirtschaft kennen. Nach dem Tod ihres Vaters Franz im Jahre 1943 sollte nun zuerst ihre Mutter Katharina und dann ab 1961 Amalie bis zu ihrem Tod im Jahre 2000 die Gaststätte führen. Sie prägte in ihrer unvergleichlichen Originalität das Bild des Gasthofes und schon bald wurde aus dem "Goldenen Hirschen" die neue Bezeichnung "Bei der Mali".

Die zentrale Lage, die Größe und das Angebot lockten viele Vereine. Der Gesangsverein Liederkranz von 1859 bzw. von 1882 findet hier schon immer sein Zuhause - und auch für die Soldatenkameradschaft von 1875 ist "die Mali" ihr Stammlokal. Doch auch andere Vereine, wie die Bienenzüchter, der Musikverein, der Fränkische Stammtisch oder auch die CSU haben hier ihre regelmäßigen Treffen.

Bis in das Jahr 1966 wurden im Saal, der 1924 vergrößert wurde, im ersten Stock regelmäßig Filme gezeigt. Im Schaukasten am großen Tor konnte man sich über die neuen Filme informieren. Als im Jahre 1951 der Film "Die Sünderin" mit Hildegard Knef mit Bildern angekündigt in der Auslage war, wurde dieser mit Dreck beschmiert, denn die Nacktaufnahmen erschütterten damals die Stadtsteinacher. Doch auch Boxkämpfe fanden im Saal statt - und für die Kleinen sogar Kasparvorstellungen.

Um 1900 begannen verschiedene Gruppen in Stadtsteinach Theateraufführungen anzubieten. Man spielte sowohl im 1860 erbauten Schützenhaus, als auch "im Saale Schott", wie es in vielen Werbungen angepriesen wurde. Tanzabende, Faschingsveranstaltungen rundeten das kulturell vielfältige Angebot ab.

Dazu kamen noch Leichtrunk, Kommunionen, Taufen, Geburtstage und viele private Veranstaltungen. Im Jahre 1953 wurde das Schaufenster eingebaut und man konnte von nun an vom Café aus auf das Treiben auf dem Marktplatz beobachten.

Vor der Gaststätte befand sich über 100 Jahre lang ein kleiner Garten, der mit der Marktplatzsanierung verschwand. Doch im Jahre 1990 errichtete man an dieser Stelle ein Podium mit 25 Quadratmetern, von dem aus die Gäste das Leben hautnah beobachten können.

Seit dem Jahre 2000 nun ist die Gaststätte in den Händen der Tochter Monika, die mit ihrem Mann Gerhard Will das Traditionsgasthaus erfolgreich weiterführt. Viel wird investiert in den Umbau der Fremdenzimmer - und man ist bereit für zahlreiche Veranstaltungen. Im Angebot sind zwei Ferienwohnungen mit je vier Betten. Doch eines ist mit der "Mali", besser gesagt mit ihrer Tochter Monika und ihrem Mann, eng verbunden geblieben - die Hähnchen, die auch weiterhin neben urigen Gerichten der Renner bleiben werden.