Die Löschzwerge sind ganz groß
Autor: Petra Malbrich
Gosberg, Dienstag, 19. Juni 2018
Der jüngste Nachwuchs der Freiwilligen Feuerwehr Gosberg ist zwischen sechs und zwölf Jahre alt. Spielerisch lernen die Kinder wichtige Aufgaben wie Erste Hilfe und Notrufabsetzen. Gosberg war 2007 ein Vorreiter in der Ausbildung.
Nele und Lia telefonieren. Nicht, weil sie befreundet sind, sondern weil sie gerade üben, einen Notruf abzusetzen. Nele ist die Verantwortliche in der Notrufzentrale, Lia spielt eine Person, die um Hilfe bittet. Die fünf W-Fragen, die bei diesem Notruf im Vordergrund stehen, können die beiden Mädchen aus dem Effeff. Und sie wissen, dass sie nicht auflegen sollen. In Sachen Erste Hilfe sind die Löschzwerge, die sechs- bis zwölfjährigen Kinder in der Gosberger Feuerwehr, fit und beweisen damit mehr Wissen als mancher Erwachsener.
Viele Menschen unterlassen Erste Hilfe, aus Angst, etwas falsch zu machen. "Die meisten haben für den Führerschein einen Erste-Hilfe-Kurs gemacht, seitdem nicht mehr", weiß Andreas Greif, Kommandant der Feuerwehr Gosberg.
Fit in Erster Hilfe
Was Erwachsene oft nicht können, wissen die Kinder in der Gosberger Feuerwehr genau. Mit ihren Betreuerinnen Jennifer Kaul und Petra Rösch-Kaul üben die Löschzwerge das immer wieder. Petra Rösch-Kaul holt die "Mini-Anne", einen Dummy, und legt sie auf den Boden. Der erste Löschzwerg unternimmt einen Wiederbelebungsversuch. "Wie müssen die Arme sein? Gestreckt? Wie oft muss man drücken?", fragt Petra Rösch-Kaul. Die Kinder rufen gleich die Antwort. Sie wissen, wie man einem Menschen durch die Herz-Lungen-Massage Erste Hilfe leistet oder ihn in die stabile Seitenlage versetzt. Bei den Treffen gibt es nicht nur Erste-Hilfe-Kurse und Löschübungen: Spielerisch wird an die sehr ernsten Themen herangeführt. So haben die Betreuerinnen verschiedene Materialien gesammelt und legen diese auf den Tisch. Haare, Paper, ein wenig Holz oder Plastik sind auf einem Haufen. Daneben verschiedenfarbige Servietten. Was von den Materialien brennbar ist, kommt auf die rote Serviette, das nicht brennbare Zeug wird der gelben Serviette zugeordnet.Ein Blick auf die Zuordnung zeigt: Haare brennen nicht. Wirklich? Das wurde mit den Betreuerinnen gleich ausprobiert. Aha, Haare brennen doch, können sogar lichterloh brennen, und zwar ziemlich schnell. "Die Experimente finde ich toll", sagt Nele und erhält Zustimmung von den anderen Löschzwergen. Vor allem bleibt das Gesehene und in dem geschützten Bereich selbst Erlebte besser in Erinnerung, als wenn die Kinder es einfach nur gehört hätten. Trotzdem: "Der Spaß kommt nicht zu kurz", sagt Jennifer Kaul.
Und das bedeutet dann Ausflüge ins Legoland oder in den Playmobilpark, es bedeutet aber auch Filme anschauen und einen Spielparcours bewältigen oder alle zwei Jahre bei dem Jugendzeltlager in Neuses dabei zu sein und die Jugendfeuerwehrler zu treffen.
Dienst im Ehrenamt
Die Jugendfeuerwehr ist die nächste Gruppe, zu der die Löschzwerge dann gehören. Nico Kaul und Celine Klaus, beide inzwischen erwachsen, waren Gründungsmitglieder der Löschzwerge, kamen dann zur Jugendfeuerwehr und leisten nun dieses Ehrenamt bei den Erwachsenen. "In jeder Gruppe lernt man Neues dazu", sagt Nico Kaul. Und Celine Klaus findet es gut, von Anfang an dabei zu sein: "Man hat eine Bindung zur Wehr, wenn man damit aufwächst." Das kann Jennifer Kaul bestätigen. "Es ist wichtig, so früh mit der Nachwuchsförderung zu beginnen", sagt sie. Das kann durchaus lustig sein. Bei einer Schnitzeljagd suchen die Kinder die Ober- und Unterflurhydranten im Dorf, suchen die Plakate, die auf die Jubiläumsfeier hinweisen, oder sollen benennen, wo die Sirene hängt. Auch eine Fahrt im Feuerwehrauto hat es einmal gegeben und sie durften bei den Jugendlichen zusehen. Deshalb haben die Löschzwerge eine Vorstellung, was sie in der Jugendfeuerwehr erwartet.
Natürlich war vor zehn Jahren schon absehbar, dass sich der demografische Wandel irgendwann auch in den Vereinen bemerkbar machen und es immer schwieriger werden würde, Nachwuchs zu finden. Doch das war für Petra Rösch-Kaul und Petra Greif nicht der alleinige Grund, die Löschzwerge zu gründen. "Weil es einfach Spaß macht, mit Kindern zu arbeiten", erklärt Rösch-Kaul.
Mit zwölf Kindern wurden die Löschzwerge vor zehn Jahren gegründet. Heute sind es neun. Sicher sind es noch immer häufiger Jungen, die zur Feuerwehr gehen, aber auch Mädchen sind interessiert an dem Thema Ehrenamt. "Gerade auf dem Dorf ist die Feuerwehr nicht nur ein Verein, sondern eine Institution, die zusammenschweißt und auch Kinder und Jugendliche in die Dorfgemeinschaft einbindet", findet Greif.