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Die keltische Burg über dem Main


Autor: Matthias Einwag

Bad Staffelstein, Freitag, 08. Januar 2016

Im Buch "Entdeckungen rund um den Staffelberg" schildern Wissenschaftler den derzeitigen Stand der Forschung. Björn-Uwe Abels, der den Berg jahrzehntelang archäologisch untersuchte, schrieb einen bemerkenswerten Aufsatz.
Das ehemalige keltische Oppidum des Staffelbergs mit seinen weitläufigen Wallanlagen ist aus der Luft gut zu erkennen.


Matthias Einwag

Der Staffelberg ist heute ein Besuchermagnet. Das imposante Felsmassiv über dem Maintal ist weithin zu sehen. Die geostrategische Lage machte den Berg schon vor Jahrtausenden zu einem bevorzugten Lebensraum. Unsere Ahnen siedelten auf dem Berg, der sich relativ gut befestigen und verteidigen ließ.
Im Lauf der Jahrhunderte wurden Siedlung und Burg auf dem Berg immer wieder ausgebaut und verändert. Vieles haben Archäologen in den vergangenen Jahrzehnten über die Geschichte herausgefunden - doch das weitaus meiste behält der Berg für sich. So wissen wir bis heute nicht, wer der Fürst gewesen ist, der oben, auf der Akropolis, residiert haben muss. Wir vermuten, dass es einen heiligen Bezirk gab, doch dessen Lage können wir nur erahnen. Und warum die Kelten die Siedlung Menosgada so plötzlich aufgegeben haben, ist bis dato gleichfalls nur spekulativ zu beantworten.


Fakten zur Höhensiedlung

Sehr gut beschrieben werden die bisher bekannten Fakten zu der Höhensiedlung in dem eben erschienenen Buch "Entdeckungen rund um den Staffelberg", das als Begleitband für die acht Kelten-Wanderwege von der Stadt Bad Staffelstein herausgegeben wurde. Björn-Uwe Abels, Prähistorischer Archäologe und ehemaliger Hauptkonservator des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in Schloss Seehof, kennt den Berg wie kein Zweiter.
In seinem Aufsatz "Die keltische Besiedelung des Staffelbergs" geht er prägnant auf die gesicherten Grabungsergebnisse ein. Das Befestigungssystem der 49 Hektar großen Siedlung mit dem drei Hektar großen Plateau ist heute noch relativ gut in der Landschaft zu erkennen. Bereits 1851 sei der Befestigungscharakter der Wallanlage erkannt worden und als das von Claudius Ptolemäus erwähnte Oppidum Menosgada (Stadt über dem Main) charakterisiert worden, schreibt Abels. Anfang des 20. Jahrhunderts erforschte der Lichtenfelser Arzt Gustav Roßbach das Areal.


Erkenntnisse der Ausgrabungen

Die erste wissenschaftliche Ausgrabung auf dem Hochplateau fand 1967 statt, ihr folgten in den 1970er- und 1980er-Jahren sowie 2003 insgesamt acht weitere Ausgrabungen unter Leitung von Björn-Uwe Abels. Die Forschungsergebnisse dieser Grabungen fließen in den Text ein und ergeben ein plastisches Bild über die einstigen Bewohner des Berges.
"Der eigentliche Ausbau der Wehranlage zu einer stattlichen Befestigung erfolgte, wie bei allen anderen frühkeltischen Befestigungen Oberfrankens, jedoch erst in der Zeit von etwa 480 bis 380 v. Chr. Jetzt umschloss man das Hochplateau mit einer etwa zwei Meter breiten sogenannten Pfostenschlitzmauer", schreibt Abels. Illustriert wird sein Aufsatz mit Grafiken, die Querschnitte der Grabungen zeigen, aber auch mit Bildern der freigelegten frühkeltischen Keller gruben, die auf dem Hochplateau nachgewiesen werden konnten. Magnetometerprospektionen innerhalb der Befestigung und eine Siedlungsgrabung auf dem Hochplateau in den frühen 1980er-Jahren zeigten, dass diese gesamte Fläche mit Kellergruben übersät war. Die Gruben enthielten teilweise komplette Sätze frühkeltischer Wirtschaftskeramik, schreibt der Wissenschaftler.


Bedeutende keltische Stadt

"Einer solchen Anlage dürfte wegen ihrer Größe und aufwendigen Umwehrung, aber auch wegen ihrer Lage zwischen den Einflusszonen der beiden mächtigen, überregionalen Zentren Ehrenbürg bei Forchheim und Steinsburg (Kleiner Gleichberg) bei Römhild, die Rolle eines regionalen Zentrums inmitten einer Gruppe gleich alter befestigter Höhensiedlungen zugekommen sein", folgert er.
Die etwa drei Kilometer südlich auf dem Dornig bei Stublang gelegene ausgedehnte Nekropole, die noch aus 84 Grabhügeln mit Bestattungen aus der ganzen Hallstattzeit und frühen Latènezeit besteht, "kann mit großer Wahrscheinlichkeit als Friedhof unserer befestigten Höhensiedlung angesprochen werden".
Um 380 v. Chr. brannte mindestens ein Teil der das obere Maintal beherrschenden Siedlung ab. Ob sich diese Katastrophe im Zuge einer kriegerischen Auseinandersetzung ereignete, ließ sich laut Abels archäologisch nicht nachweisen. "Das hatte zur Folge, dass man das regionale Zentrum aufgab und die Besiedlung des Staffelbergs für mehr als zwei Jahrhunderte zum Erliegen kam", führt er an.
Nach der Mitte des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts begann wieder eine spätkeltische Besiedlung, die zu einer stadtartigen Befestigung der Höhensiedlung auf dem Staffelberg führte. Abels geht detailliert auf die Schlitzpfostenmauern ein und versäumt nicht, den Staffelberg in Relation zu den anderen keltischen Siedlungsorten in Franken zu bringen.


Vertrieben Germanen die Kelten?

Vielleicht nach einer vorangehenden Schwächungsperiode um die Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts wird das Oppidum wohl erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts aufgegeben worden sein. "Einen Hinweis auf ein gewaltsames Ende der städtischen Siedlung gibt es derzeit nicht", schließt er und fügt an: "Zwischen dem Ende des Oppidums und der Ankunft früher Germanen, die sich am Fuße des Staffelbergs niederließen, könnte ein direkter Zusammenhang bestanden haben."