Die Fäuste fliegen immer wieder
Autor: Markus Häggberg
Kulmbach, Donnerstag, 04. Mai 2017
Weil ihm in einem anderen Fall eine höhere Strafe droht, wurde eine Verhandlung gegen einen 27-Jährigen Kulmbacher vorläufig eingestellt.
Eigentlich hätte sich gestern ein Kulmbacher vor dem Amtsgericht verantworten müssen. Der 27-Jährige hatte am 20. Mai 2016 einem Mann in Altenkunstadt mit einem Faustschlag die Nase gebrochen. "Fraktur mit Schiefstand" - lautete die Diagnose.
Eigentlich hätte er sich also verantworten müssen. Doch zu Beginn des seinetwegen angesetzten Nachmittagstermins warteten Richter Stefan Hoffmann, Staatsanwältin Franziska Winkler und Verteidiger Werner Brandl zunächst vergeblich. Bald aber sollte der junge Mann den Saal 14 betreten und das Verfahren eine Wendung erfahren ...
Unter Alkohol
Knapp fünf Minuten sollten sich Rechtsanwalt Brandl und sein Mandant im Flur des Amtsgerichts besprechen. Als sie wieder den Gerichtssaal betraten, gab der Kulmbacher Verteidiger eine Erklärung ab: "Mein Mandant kann sich an nichts erinnern." Das sei auf die Alkoholisierung am Tatabend zurückzuführen. Weder an den Schlag auf die Nase, noch an den auf die Schläfe des Opfers habe er eine Erinnerung. Überdies sei zu überlegen, ob das Verfahren nicht vorläufig eingestellt werden sollte, sagte Brandl weiter.
Staatsanwältin Winkler und Richter Hoffmann reagierten mit Verwunderung. Die anwaltliche Begründung folgte umgehend: "Weil demnächst ein weiteres Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gegen meinen Mandanten eröffnet wird."
Mit Gürtel traktiert
Dieses weitere Verfahren dürfte es in sich haben, wird der Vorwurf dann doch sogar auf gefährliche Körperverletzung lauten. Tatsächlich dürfte das, was dem Kulmbacher nun zur Last gelegt wird, eine neue e Qualität haben. Am 1. Juli 2016 soll er in Kulmbach seine Faust mit seinem Gürtel samt Gürtelschnalle umwickelt und einen Mann gegen den Kopf geschlagen haben. Nicht nur also, dass er für seine Tat zu einem gefährlichen Hilfsmittel griff, der Mann handelte auch noch in Mittäterschaft, was einem Opfer wenig Chancen lässt. Zwei Aspekte, die von Justitia als strafverschärfend bewertet werden. Aber das bedeutet auch, dass der kommende Prozess in Kulmbach nach der Strafprozessordnung dem Lichtenfelser übergeordnet ist. Somit wird es wohl so sein, dass der Fall, der in Lichtenfels behandelt würde, Baustein einer Gesamteinschätzung für das Kulmbacher Verfahren wird.
Sichtlich nervös
Der Angeklagte, der permanent nervös mit den Füßen wippte, folgte dem Geschehen und ließ seinen Verteidiger reden. Eine echte Verfahrenseinstellung konnte dieser zwar nicht erreichen, aber doch eine vorläufige. Eben auch darum, weil gewichtige Zeugen am Lichtenfelser Verfahrenstag fehlten.
Doch zumindest wird der 9. Juni 2017 ein Datum sein, an dem sich zeigt, ob in der Kulmbacher Hauptverhandlung so viel herauskommt, dass es das Lichtenfelser Verfahren unnötig macht.
Wenn nicht, "kann man ja hier weitermachen", so Hoffmann, der auch deshalb einer einstweiligen Einstellung zugunsten des kommenden Kulmbacher Verfahrens zustimmte, weil nicht alle relevanten Zeugen erschienen waren.
Wortlos verließ der 27-Jährige den Gerichtssaal. Immerhin kann er darauf verweisen, dass er sich Ende März 2017 in die Hände einer Suchtberatung begeben hat. Ob ihm das etwas hilft, wird sich zeigen.