Die etwas andere Schule
Autor: Werner Vogel
Bad Kissingen, Freitag, 04. November 2022
Beim Verein Kissinger Musikwerkstatt ist alles etwas anders und so wird auch ein lediglich halbrundes Jubiläum zum Anlass genommen, um sich zu präsentieren und ein wenig zu feiern. Natürlich so, wie...
Beim Verein Kissinger Musikwerkstatt ist alles etwas anders und so wird auch ein lediglich halbrundes Jubiläum zum Anlass genommen, um sich zu präsentieren und ein wenig zu feiern. Natürlich so, wie man es vom Gründer- und Leiterehepaar Helga und Werner Rieck gewöhnt ist. Nicht im großen Stil, aber mit Herzblut für die Musik und zwar im mit Sicherheit kleinsten Theaterraum der Region mit dem ganz eigenen Charme. Bilder von Theaterszenen, Notenhefte und Skulpturen zeigen: Hier ist Kultur zu Hause. Portraits von Brahms und Wagner. Kinoplakate neben Miro. Requisiten, Scheinwerfer und Platz für höchstens 20 Zuschauer.
Wie das 35. Jubiläum präsentiert wird, auch das ist so ungewöhnlich wie der Rahmen, in dem gespielt wird. Aber es ist die Herzkammer der Schule und in diesen vier Wänden konnte man auch schon zauberhafte kleine Theaterstücke des hauseigenen Amateurtheaters Zap Dou erleben. Diesmal aber steht die Musik im Vordergrund und Werner Rieck begrüßt die kleine Schar der Gratulanten, darunter Stadträtin Martina Greubel, die die Grüße des Oberbürgermeisters überbringt. Mit staubtrockenem Humor, doch irgendwie verschmitzt und liebenswert, blickt der Patron auf die turbulenten Anfangsjahre zurück, schildert diverse räumliche Umzüge und die sich ändernden Gegebenheiten bis zur heutigen, nicht eben leichten Situation des Vereins. Rieck ist mit Musik aufgewachsen hat dann Musik studiert, sie ist sein Leben. Sein Credo: "Nichts auf der Welt ist besser als Musik". Allerdings: Mainstream ist die Sache der Musikwerkstatt nicht, wie die Besucher erfahren. Man hat sich eine Nische gesucht, gibt nicht nur Musikunterricht, Kurse, Musikstunden, sondern betreibt musikalische Früherziehung in Kindergärten und Förderschulen auch abseits öffentlicher Zuschüsse, aber eben alles bewusst familiär und nicht streng schulisch.
Ist das wirklich aus der Zeit gefallen, fragt sich Werner Rieck? Die Musikwerkstatt ist nichts für kindliche Streber oder ehrgeizige Helikoptermütter. Eher etwas für die kleine Nina mit Migrationshintergrund, die einen Blumenstrauß überreicht. Denn nicht jeder mag Musik, die eingepaukt werden muss. Auf ihre Weise führte die Musikwerkstatt zeitweise 60 bis 70 Kinder an die Musik heran, unterrichtete mit bis zu 14 Musiklehrerinnen und -Lehrern über 200 Musikfreunde allen Alters und behauptet sich, zwar in kleinerem Umfang, aber noch immer neben der städtischen Musikschule. Der Rückblick drückt das alles aus, ist aber auch Gelegenheit, sich selbst ein wenig auf die Schippe zu nehmen, mit eingestreuten Musikeinlagen, Klavierduos, Trommelgruppe. Mit Slapstickszenen, Geschichten über Mozart, Schumann, aber eben auch Dreigroschenoper samt Mackie Messer. Dem Ehepaar Rieck ist die Freude in den Gesichtern ihrer - auch erwachsenen Schüler - wenn ihnen etwas gelingt, Anerkennung genug. Auch bei diesem Jubiläum. kwv